Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb. Unternehmen
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag betriebsübergreifend versetzbar, so ist für die Beurteilung, ob die Sozialauswahl zutreffend erfolgt ist nicht auf die zufällige Personalstruktur des letzten Arbeitsplatzes abzustellen, sondern alle Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit im Unternehmen in die Sozialauswahl einzubeziehen.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.08.2003 – 2 Ca 2028/03 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung vom 24.03.2003 zum 20.06.2003. Der Kläger ist am … geboren, kinderlos und ledig.
Der Kläger wurde am 01.10.2000 bei der Beklagten als Verkaufsabteilungsleiter eingestellt. Er bezog zuletzt ein Bruttogehalt von 2.914,36 EUR. Die Einstellung erfolgte durch die Ressortleitung Personal der Beklagten in A.. Ein konkreter Einsatzort war im ersten Arbeitsvertrag des Klägers nicht genannt. Unter Ziffer 8 hatte sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger nach Bedarf eine andere persönlich zumutbare Beschäftigung auch in einer anderen Betriebsstelle in angemessener Entfernung zur bisherigen Arbeitsstätte zuzuweisen. Diese Vertragsklausel ist soweit ersichtlich in den Arbeitsverträgen aller Verkaufsabteilungsleiter enthalten und zumindest auch bei einem Teil der Verkäufer in den Arbeitsverträgen vereinbart. Der Kläger wurde zunächst eingearbeitet und sodann mit Wirkung vom 01.10.2001, der Eröffnung der Filiale in H. in diese Filiale versetzt. Vorgesetzter des Klägers dort war der Zeuge O..
Dem Filialleiter obliegt im Rahmen eines vorgegebenen Budgets die Personalführung. Er ist berechtigt, Arbeitnehmer einzustellen und führt in Zusammenarbeit mit der Personalleiterin der A. Zentrale und dem Ressortleiter Entlassungen durch. Die unternehmensweite Koordination erfolgt in der Zentralverwaltung. Von dort aus wird unter anderem auch ein Ausbildungsprogramm gesteuert, welches den Aufstieg in die Verkaufsleiterposition und andere Führungspositionen vorbereitet. An diesem Programm hatte der Kläger nicht teilgenommen, da er als Verkaufsabteilungsleiter bereits gestellt wurde. Die Beklagte beschäftigt in ihrer Filiale in B. die Mitarbeiterin J. M., die zehn Jahre jünger ist als der Kläger und erst am 06.08.2001 in das Arbeitsverhältnis zur Beklagten eingetreten ist. Die Mitarbeiterin M. ist erst im Oktober 2002 zur Verkaufsabteilungsleiterin ernannt worden, nachdem sie zuvor die innerbetriebliche Ausbildung durchlaufen hatte und zur Zeit der Kündigung des Klägers sich in der Einarbeitung zur Verkaufsabteilungsleiterin befand.
In W. ist die Mitarbeiterin H. H. als Verkaufsabteilungsleiterin für Damenoberbekleidung beschäftigt. Sie ist elf Jahre jünger als der Kläger und am 01.02.2001 in das Unternehmen eingetreten. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung soll Frau H. nicht mehr Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen sein.
Zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers beschäftigte die Beklagte in der Filiale in H. die Mitarbeiterin W. als Verkaufsabteilungsleiterin Damenoberbekleidung. Diese ist in etwa gleich alt mit dem Kläger ebenfalls ohne Unterhaltspflichten und gehört dem Unternehmen der Beklagten bereits seit 12 Jahren an. In H. war sie jedoch erst seit September 2002 eingesetzt. Bereits im August 2003 wurde die Mitarbeiterin W. auf eine Beförderungsstelle nach I. versetzt, wobei die Beklagten insoweit unbestritten erklärt hat, dass diese Entscheidung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers noch nicht gefallen gewesen sei, sondern sehr plötzlich gekommen sei.
In dem Modehaus in H. sind erhebliche Verluste angefallen. Die Beklagte hat sich deshalb entschlossen, von den beiden Verkaufsabteilungsleiterstellen eine entfallen zu lassen und die Funktion des Verkaufsabteilungsleiters nur noch durch eine Person ausüben zu lassen. Sie hat hierfür die Zeugin W. ausgewählt, da sie trotz der kürzeren Zugehörigkeit zu dem Betrieb in H., d. h. zu dieser Filiale, auf die Gesamtzugehörigkeit zum Unternehmen abgestellt hat und hierin die höhere soziale Schutzwürdigkeit gesehen hat. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er auf Grund der vertraglichen Versetzungsklausel nicht ausschließlich mit den Arbeitnehmern zu vergleichen ist, die in H. die Position eines Verkaufsabteilungsleiters wahrnehmen, sondern eine Vergleichbarkeit mit Verkaufsabteilungsleitern gegeben ist, die in angemessenem Umfang um H. herum beschäftigt werden. Er hat hierbei diesen Versetzungsrahmen auf einen Umkreis von 100 Kilometern erstreckt. Weiterhin hat der Kläger behauptet, der Arbeitnehmer R. habe seine Tätigkeit als Verkaufsabteilungsleiter in Herne übernommen. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, der Mitarbeiter R. sei nach wie vor aussch...