Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerhaftung. Verkehrsunfall. Rotlichtverstoß
Leitsatz (amtlich)
1) Das Missachten einer auf „Rot” geschalteten Lichtzeichenanlage ist in aller Regel als grob fahrlässig zu werten.
2) Auch bei grober Fahrlässigkeit sind Haftungserleichterungen nicht ausgeschlossen, sondern immer von einer Abwägung im Einzelfall abhängig.
3) Bei einem Aushilfstaxifahrer mit einem durchschnittlichen Monatsverdienst von 165,00 EUR kann eine Haftungsbegrenzung auf 2.000,00 EUR sachgerecht und angemessen sein.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1; VVG § 67 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.12.2004; Aktenzeichen 7 Ca 1375/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.12.2004 – 7 Ca 1375/04 – teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2004 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80 % und der Beklagte zu 20 %.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Klägerin nimmt als Kaskoversicherung für ein Taxifahrzeug des Taxiunternehmers M K den Beklagten aus gesetzlichem Forderungsübergang gemäß § 67 Abs. 1 VVG aus einem von ihm verursachten Verkehrsunfall nach Rotlichtverstoß in Anspruch. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.12.2004 in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 10.000,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Wegen der Begründung wird auf Bl. 88 ff. d.A. Bezug genommen. Das Berufungsgericht hat ergänzend Beweis erhoben über das Verkehrsunfallgeschehen am 12.07.2002 gemäß Beweisbeschluss vom 22.06.2005 durch Vernehmung des Zeugen C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.11.2005 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen, sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Der Beklagte schuldet der Klägerin lediglich 2.000,00 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz wegen des von ihm grob fahrlässig verursachten Schadens am Pkw seines Arbeitgebers. Dieser aus § 280 Abs. 1 BGB folgende Anspruch ist gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 VVG auf die Klägerin als Versicherer des Arbeitgebers übergegangen.
a. Der Beklagte hat den Verkehrsunfall grob fahrlässig herbeigeführt.
aa. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Masse verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 18.12.1996 – IV ZR 321/95, NJW 1997, 1012, 1013; BGH, Urteil vom 29.01.2003 – IV ZR 173/01, NJW 2003, 1118; BAG, Urteil vom 12.11.1998 – 8 AZR 221/97, EzA § 611 BGB, Arbeitnehmerhaftung Nr. 66).
bb. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, denn der Beklagte hat den Schaden durch einen objektiv wie subjektiv schwerwiegenden Pflichtenverstoß verursacht.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung auch des Berufungsgerichts fest, dass der Kläger mit dem Taxi seines Arbeitgebers am 12.07.2002 bei Rotlicht in die Kreuzung H /F in K eingefahren ist und damit den Zusammenstoß mit dem vom Zeugen R gefahrenen Lkw verursacht hat, wobei der Zusammenstoß für den Zeugen R unvermeidbar war. Auf die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen. Sämtliche Zeugenaussagen ergeben einen stimmiges Gesamtbild. Danach war die Lichtzeichenanlage für die kreuzenden Fahrzeuge der Zeugen R und C auf Grün geschaltet, wohingegen die Lichtzeichenanlage für den Beklagten und den Zeugen K eindeutig Rot anzeigte. Vermeintliche vom Beklagten in der Berufungsbegründung aufgezeigte Widersprüchlichkeiten in den Zeugenaussagen bezüglich der jeweils benutzten Fahrspuren sind insoweit unerheblich. Hierbei handelt es sich lediglich um Nebenaspekte, die im Rahmen der Betrachtung des gesamten Unfallgeschehens nur von untergeordneter Bedeutung sind. Das gleiche gilt hinsichtlich der Aussage des Zeugen K. Die insoweit von dem Beklagten gerügten Widersprüche zwischen gerichtlicher und polizeilicher Aussage sind in dieser Form nicht erkennbar. Wenn der Zeuge im polizeilichen Protokoll erklärt hat, er habe an der roten Ampel gestanden und es demgegenüber im gerichtlichen Sitzungsprotokoll heißt, er habe wegen der roten Ampel bereits abgebremst, so stellt dies keinen Widerspruch dar. Schließlich konnte auch d...