Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Bestimmtheit eines Angebots auf Verzicht in Bezug auf Darlehensrückzahlung. Notwendiger Rechtswille bei Abgabe eines Angebots
Leitsatz (redaktionell)
Aus einem nicht mit Rechtswillen unterbreiteten Angebot erwächst kein Verzicht auf Darlehensrückzahlung. Die Bestimmtheit eines Angebots ergibt sich bei Möglichkeit zur Annahme durch ein bloßes Ja.
Normenkette
BGB §§ 145, 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 06.07.2020; Aktenzeichen 20 Ca 6687/19) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.07.2020 wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere4.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2020 zu zahlen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf die Rückzahlung eines dem Kläger gewährten Darlehens zu verzichten.
Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft und Muttergesellschaft des Konzerns der L G . Sie betreibt mit der L A T GmbH (vormals: L F T GmbH) ein Unternehmen zur Ausbildung von Piloten. Die erheblichen Kosten der Pilotenausbildung übernimmt konzernintern die Beklagte, wobei die angehenden Flugzeugführer an einem Teil der Kosten beteiligt werden.
Der Kläger ist Flugzeugführer. Er absolvierte seine Ausbildung innerhalb des Konzerns der Beklagten. Neben dem Ausbildungsvertrag schlossen die Parteien einen zusätzlichen "Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag". Danach gewährte die Beklagte dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 60.000 €. Nach den vertraglichen Vereinbarungen verzichtet die Beklagte auf die Rückzahlung des Darlehens wenn dem Kläger aus betrieblichen Gründen, insbesondere mangels Bedarfs an Flugzeugführern, nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung die Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis angeboten wird. Der Kläger beendete seine Ausbildung erfolgreich am 05.11.2013. Am 22.11.2018 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag über die Tätigkeit als Flugzeugführer ab dem 01.01.2019 ab. Dieser Arbeitsvertrag wurde dem Kläger zur Unterzeichnung erst nach dem 05.11.2018 zugesandt.
Wegen des weiteren, gesamten, streitigen und unstreitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ihren Verzicht auf die Rückzahlung ihres Darlehens nach dem Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag vom 15.11.2010/01.01.2011 anzubieten sowie den bereits einbehaltenen Darlehensbetrag in Höhe von 3.000 € an ihn zurück zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe dem Kläger nicht - wie in dem Darlehensvertrag vorgesehen - binnen fünf Jahren nach Beendigung der Schulung die Übernahme in ein Cockpitarbeitsverhältnis angeboten, denn ihr Schreiben vom 25.10.2018 bzw. 30.10.2018 stelle mangels hinreichender Konkretisierung kein Angebot im vorgenannten Sinn dar. Neben der Bezeichnung der Tätigkeit fehlten dem Schreiben mehrere weitere Essentialia, um von einem Vertragsangebot ausgehen zu können. Die Übersendung des am 22.11.2018 abgeschlossenen Arbeitsvertrages sei schließlich nicht fristgerecht erfolgt. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 174 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 14.07.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.07.2020 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 14.10.2020 begründet.
Die Beklagte meint, sie habe die Fünfjahresfrist aus § 5 Abs. 6 des Darlehensvertrages eingehalten. Ihr Schreiben vom 25.10.2018 stelle nämlich ein vollwertiges Angebot im Sinne von § 145 BGB und im Sinne des Darlehensvertrages dar. Bei der Auslegung ihrer Erklärung müsse etwaiges Sonderwissen des Erklärungsempfängers berücksichtigt werden. Für den Kläger sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass mit dem Angebot der Beklagten ein solches als Verkehrsflugzeugführer nach Maßgabe der tariflichen Bestimmungen erfolgt sei. Die Übermittlung des Arbeitsvertrages sei weder nach Maßgabe des Darlehensvertrages noch nach Maßgabe der allgemeinen Verkehrssitte erforderlich gewesen. Ausreichend nach dem Darlehensvertrag sei das "Angebot eines Arbeitsplatzes" als Flugzeugführer gewesen und genau dieses sei geschehen. Unstreitig habe der Kläger dieses Angebot auch angenommen. Mögliche Bedenken, Rückfragen und sonstige Einwände des Klägers könnten nichts daran ändern, dass die Beklagte ihrer vertraglichen Verpflichtung nachgekommen sei, dem Kläger einen Arbeitsplatz anzubieten. Wenn der Wortlaut ihrer Erklärung für den Kläger nicht eindeutig gewesen sein sollte, hätte dieser weitere Nachforschungen anstellen müssen. Alle ...