Entscheidungsstichwort (Thema)
Indizien für Umgehungsabsicht. Rechtsmissbrauch bei Umgehung des Zuvorbeschäftigungsverbots. Zuvorbeschäftigung und Befristung
Leitsatz (amtlich)
Zum Rechtsmissbrauch bei Umgehung des Zuvorbeschäftigungsverbots gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.
Leitsatz (redaktionell)
Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinander folgende Arbeitsverträge ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinander reihen zu können.
Normenkette
TzBfG § 14; BGB § 242; EGRL 1999/70; SGB II § 44b
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 11.06.2013; Aktenzeichen 14 Ca 9734/12) |
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.06.2013 - 14 Ca 9734/12 - wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Der am 1967 geborene Kläger war ab dem 01.08.2009 befristet für den Zeitraum bis 31.12.2010 bei der Stadt K in der Tätigkeit als Verwaltungsangestellter in der ARGE (Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44 b SGB II zwischen der Agentur für Arbeit in K und der Stadt K ) unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 (§ 17 TVÜ-VKA) beschäftigt. Gemäß § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages des Klägers mit der Stadt K vom 20./28.07.2009 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für die Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Hieran schloss sich eine Verlängerung der Befristung bis 31.07.2011 im Arbeitsverhältnis mit der Stadt K an.
Sodann schloss der Kläger mit der Beklagten unter dem 28.07.2011 einen neuen sachgrundlos gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis zum 31.12.2012. Gemäß § 2 dieses Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerin der Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Eine Eingruppierung des Klägers erfolgte gemäß § 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28.07.2011 in die Tätigkeitsebene IV (§ 14 Abs. 1 TV-BA). Gemäß § 5 des Arbeitsvertrages begründete dieser keinen Anspruch auf Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Aufgabengebiet. In § 5 Satz 2 in das Recht des Arbeitgebers geregelt, den Beschäftigten innerhalb der Tätigkeitsebene eine andere Tätigkeit zu übertragen.
Bis zum 30.09.2012 wurde der Kläger von der Beklagten als Arbeitsvermittler in der Agentur für Arbeit in K eingesetzt, um dann ab dem 01.10.2012 als Integrationsfachkraft in der Dienststelle K -K tätig zu werden.
Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 2.889,91 €.
Mit seiner Klage vom 13.12.2012, die am selben Tag beim Arbeitsgericht in K eingegangen ist, wendet sich der Kläger gegen das Arbeitsvertragsende auf Grund der Befristung zum 31.12.2012.
Er hat erstinstanzlich die Rechtsansicht vertreten, die Beklagte könne sich für die Befristung zum 31.12.2012 nicht auf § 14 Abs. 2 TzBfG berufen. Es liege - auch unter Heranziehung europarechtlicher Aspekte - ein rechtsmissbräuchliches Handeln der Beklagten vor, da der Kläger ohne Änderung seiner Arbeitsbedingungen oder seines Aufgabenbereichs im direkten Anschluss an die bisherige Tätigkeit bis zum 31.07.2011 von der Beklagten nahtlos für dieselbe Tätigkeit im gemeinsam mit der Stadt K betriebenen Job-Center erneut sachgrundlos befristet eingestellt worden sei. Der einzige Zweck dieses Arbeitgeberwechsels sei die Umgehung der gesetzlich limitiert angeordneten Dauer von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen. Die von der Beklagten mit der Stadt K betriebene sogenannte "crossover - Beschäftigung" im Rahmen von aneinander anknüpfenden befristeten Arbeitsverhältnissen sei unzulässig. Diese Vorgehensweise werde bei mehreren 100 Beschäftigungsverhältnissen derzeit praktiziert, worin sich ein bewusstes und geplantes Vorgehen verdeutliche. Zudem sei dem Kläger durch die Stadt K - seinem Vorarbeitgeber - der Eindruck vermittelt worden, das Arbeitsverhältnis im Jobcenter solle über den Zeitpunkt der ursprünglichen Befristung hinaus fortbestehen. Der Vorgesetzte des Klägers, Herr R , habe dem Kläger vor Ende des befristeten Arbeitsverhäl...