Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Arbeitsentgelts eines Betriebsratsmitglieds. Anspruch auf zusätzliche Leistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 37 Abs. 2 BetrVG begründet keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie dem ggf. anzuwendenden Tarifvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt (BAG 8. September 2010 - 7 AZR 513/09 - Rn. 18).

2. Für die Frage, ob eine Leistung des Arbeitgebers zu dem dem Minderungsverbot unterliegenden Arbeitsentgelt i. S. des § 37 Abs. 2 BetrVG zu zählen ist oder nicht, ist unerheblich, ob das Betriebsratsmitglied die Arbeit, für die die zusätzliche Leistung bezahlt wird, tatsächlich geleistet hat oder nicht. Denn auch dadurch verliert die zusätzliche Leistung nicht den Charakter des Arbeitsentgelts iSd. § 37 Abs. 2 BetrVG. Die Nichtleistung der Arbeit aufgrund erforderlicher Betriebsratstätigkeit soll gerade nach dem Willen des Gesetzgebers einschränkungslos nicht dazu führen, dass - von steuerlichen Fragen abgesehen - das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitgliedes gemindert wird.

3. Für die Berechnung des Arbeitsentgelts nach dem Lohnausfallprinzip reicht es aus, die Forderung auf einen hypothetischen Geschehensablauf zu stützen. Für den Nachweis hypothetischer Sachverhalte genügt es, Hilfstatsachen vorzutragen, die in Verbindung mit Erfahrungsregeln einen indiziellen Schluss auf einen bestimmten Geschehensablauf zulassen (BAG 29. Juni 1988 - 7 AZR 651/87 - ; 16. August 1995 - 7 AZR 103/95 -).

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 18.06.2015; Aktenzeichen 8 Ca 5360/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18. Juni 2015 - 8 Ca 5360/14 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen betriebsverfassungsrechtlichen Entgeltausgleich in Bezug auf Feiertag-, Nacht- und Sonntagszuschläge wegen Betriebsratstätigkeit sowie über die Höhe des Urlaubsvergütungsanspruchs.

Der Kläger ist seit Mai 2010 als Tankstellenmitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Seit der Betriebsratswahl im Jahr 2013 ist er Betriebsratsvorsitzender des siebenköpfigen Betriebsrats.

In den Monaten September 2013 bis einschließlich Januar 2014 erledigte der Kläger überwiegend Betriebsratsarbeit. Hierdurch konnte er seine übliche Arbeit auf der Tankstelle nicht ausüben. Während der Betriebsratstätigkeit war er überwiegend in den Zeiten von 8:00 bis 18:00 Uhr tätig.

Für den Monat Oktober 2013 leistete die Beklagte als Ausgleich für wegen Betriebsratsarbeit nicht geleisteter zuschlagspflichtiger Arbeitszeit 312,03 Euro brutto, für November 2013 212,99 Euro brutto, für den Monat Dezember 2013 154,18 Euro brutto und für den Januar 2014 149,58 Euro brutto.

Mit der Klage macht der Kläger die Zahlung von weiteren Sonntags- und Nachtzuschlägen für die Monate September 2013 bis einschließlich Januar 2014 geltend.

Der Kläger hat vorgetragen, in den Jahren 2010 und 2013 sei er ausschließlich in Nachtarbeit bei der Beklagten eingesetzt gewesen. Darüber hinaus habe er ebenfalls an Sonntagen gearbeitet. Nach § 12 des einschlägigen Manteltarifvertrags zwischen der IGBCE und der Beklagten (MTV) stünden ihm daher Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit zu. Der Zuschlag für Nachtarbeit betrage 30 %, der für Sonntagsarbeit 50 %. Im Monat September 2013 wären 36 Sonntagsstunden und 117,33 Stunden Nachtarbeit angefallen. Im Oktober 2013 wären ohne Betriebsratstätigkeit Zuschläge für vier Sonntage sowie Feiertagszuschläge für neun Stunden und Zuschläge für 123,56 Nachtstunden angefallen. Für November 2013 habe er Anspruch auf Zuschläge für vier Sonntage mit jeweils neun Stunden sowie Zuschläge für zwei Feiertage und für 101,34 Stunden Nachtarbeit. Im Dezember habe er an zehn Tagen Urlaub genommen, daher seien Zuschläge für 21 Sonntagsstunden zu zahlen. Außerdem habe er Anspruch auf Nachtschichtzuschläge für 66,66 Stunden. Für die Urlaubstage habe er nach dem Lohnausfallprinzip Anspruch auf 272,37 Euro. Im Januar 2014 hätte er ohne Betriebsratstätigkeit an drei Sonntagen gearbeitet und an 118,22 Stunden in der Nacht. Außerdem habe er Anspruch auf Zuschläge für drei Urlaubstage. Er sei ausschließlich nachts eingesetzt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.721,97 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 216,12 Euro brutto ab dem 1. Oktober 2013, aus 303,71 Euro brutto ab dem 1. November 2013, aus 463,99 Euro brutto ab dem 1. Dezember 2013, aus 392,06 Euro brutto ab dem 1. Januar 2014 und aus 346,12 Euro brutto ab dem 1. Februar 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe seine Betriebsratsarbeit stets tagsüber wahrgenommen. Für die erforde...

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