Entscheidungsstichwort (Thema)

Restitutionsklage gem. § 580 ZPO. Urkundsbegriff i.S.d. § 580 Nr. 7b. Unzulässige Restitutionsklage bei Auswechseln des Streitgegenstands

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist aufgrund fehlerhafter Tatbestände (z.B. falsche eidliche Aussage, Urkundenfälschung, Verletzung vom Amtspflichten usw.) ein Urteil ergangen, so kann die Prozesspartei, der dadurch ein Nachteil entstanden ist, das Urteil mit der sog. Restitutionsklage angreifen.

2. Der Urkundsbegriff i.S.d. § 580 Nr. 7b ist in einem weiteren Sinn zu verstehen und deckt auch Fotokopien und Ausdrucke elektronischer Dokumente ab. Die Urkunde i.S.d. § 580 Nr. 7b ZPO muss zu einem Zeitpunkt errichtet sein, in dem sie in dem früheren Verfahren noch hätte geltend gemacht werden können.

3. Die Restitutionsklage ist begrenzt auf die Streitgegenstände des abgeschlossenen Prozesses. Es ist deshalb nicht zulässig, den Streitgegenstand auszuwechseln. Denn dann würde der Rechtsstreit nicht fortgeführt, sondern in der Gestalt eines neuen Verfahrens mit einem anderen Streitgegenstand neu begonnen.

 

Normenkette

ZPO §§ 580, 590, 286, 416, 580 Nr. 7 Buchst. b), § 582

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Aktenzeichen 3 Ca 1845/15)

 

Tenor

  1. Die Restitutionsklage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit und Begründetheit einer Restitutionsklage , mit der die Klägerin eine Aufhebung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2018 - 3 AZR 861/16 - und eine erneute Entscheidung über den Umfang der Einstandspflicht des Beklagten nach der Insolvenz über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin anstrebt.

Wegen des streitigen und unstreitigen Vorbringens in der Berufung sowie der in der Berufung gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23.06.2016 - 7 Sa 129/16 - Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Landesarbeitsgericht die Einstandspflicht des Beklagten hinsichtlich einer insolvenzgeschützten Anwartschaft auf einen Übergangszuschuss in Höhe von insgesamt 20.109,95 € festgestellt, den von der Klägerin daneben geltend gemachten Anspruch auf Erhöhung ihrer Pension bzw. des Übergangsgeldes wegen späterem Bezug von Rente und Übergangsgeld nach dem 01.01.2015 abgelehnt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 309 ff. d. A.) Bezug genommen. Auf die von dem Beklagten eingelegte Revision hat das Bundesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Revision der Klägerin durch Urteil vom 20.03.2018 - 3 AZR 861/16 - das Berufungsurteil vom 23.06.2016 teilweise aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Urteils des Bundesarbeitsgerichts wird auf die beglaubigte Abschrift der Entscheidung gemäß Bl. 344 ff. d. A. verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 19.11.2021 hat die Klägerin Restitutionsklage erhoben und dabei geltend gemacht, nach Rechtskraft des Vorprozesses sei die Klägerin in Besitz ihres sogenannten Personal-Stammbogens gelangt. Die Klägerin habe Ende September 2020 nach Eintritt des Versorgungsfalles die Betriebsrente gegenüber dem Beklagten beantragt. Im Dezember 2020 habe die Klägerin durch ihren ehemaligen Vorgesetzten, den Leiter Personal Herrn H , erfahren, dass dieser zwischenzeitlich ebenfalls eine Person beantragt habe und durch den Beklagten die Zuerkennung des sogenannten Übergangszuschusses erfolgt sei. Herr H sei ebenso wie die Klägerin ein sogenannter "Tarifwechsler", welcher nach dem 30.09.1983 zum AT-Mitarbeiter befördert worden sei. Herr H habe der Klägerin zur Prüfung eines möglichen Anspruchs auf Übergangszuschuss empfohlen, sämtliche Unterlagen noch einmal beim Beklagten einzureichen, darunter auch den sogenannten Personal-Stammbogen. In der Folgezeit habe die Klägerin zum Verbleib dieses Stammbogens recherchiert. Nach müheseligen Recherchearbeiten habe die Klägerin den Verbleib ihres Personal-Stammbogens beim ehemaligen Insolvenzverwalter ihres letzten Arbeitgebers, der Insolvenzschuldnerin v W GmbH, ausfindig machen können. Mitte März 2021 sei der Klägerin dann gelungen, diesen Stammbogen zu erhalten. Mit Schreiben vom 19.03.2021 habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diesen Stammbogen an den Beklagten überreicht. In der Folgezeit habe die Klägerin nach weiteren Dokumenten recherchiert. Anfang Oktober 2021 sei der Stammbogen durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin der ehemaligen S A GmbH - jetzt S Pe - vorgelegt worden. In dem Stammbogen der Klägerin vom 07.03.2000 habe sich das Meldefeld "Anspruch Pens." als eigenes Meldefeld befunden. Dieses Meldefeld sei mit dem Stichtag 30.09.1983 belegt worden. Nach Auffassung der Klägerin sei das Meldefeld als eigenes Meldefeld aufgenommen worden, um sämtliche Mitarbeiter mit Anspruch auf Übergangszahlung kenntlich zu machen. Nach Vermutung der Klägerin sei bei Austritten von Mitarbeitern mit Versorgungsansprüchen die Daten hinsichtlich des letzten Eintritts, Altersversorg...

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