Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstwagen, Privatnutzung. Nutzungspauschale. Kürzung. Sachbezug. Pfändbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ansatz des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung eines Dienstwagens kommt im Fall der gewählten Nutzungspauschale nur insoweit in Betracht, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Nutzungsbefugnis eingeräumt hat. Zwar kann der Arbeitnehmer die Nutzungspauschale nicht anteilig um die Tage kürzen, an denen der Dienstwagen wegen Krankheit, Dienstreisen usw. nicht genutzt werden kann, wenn jedoch der Dienstwagen nicht den vollen Kalendermonat zur Verfügung steht, entfällt der diesbezügliche Monatsbetrag.
2. Die Vorschrift des § 107 Abs. 2 S. 5 GewO, wonach der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitentgelts nicht übersteigen darf, findet bei richtigem Verständnis ihres Schutzzweckes keine Anwendung auf den Fall der privaten Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens.
Normenkette
GewO § 107 Abs. 2 S. 55
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 23.10.2006; Aktenzeichen 8 Ca 2863/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.10.2006 – 8 Ca 2863/06 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 319,83 EUR netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 13.05.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Auszahlung pfändungsfreien Lohns wegen Unterschreitung der Pfändungsgrenzen bei Verrechnung des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung seines Dienstwagens.
Der für seine Ehefrau und drei Kinder unterhaltspflichtige Kläger war vom 15.03. – 31.05.2006 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 15.03.2006 als Bereichsleiter bei einem Bruttomonatsgehalt von 2.800,00 EUR (Tarifgehalt zzgl. einer außertariflichen Zulage) beschäftigt.
Ihm stand ab Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, welches die Beklagte „nach den gesetzlichen sowie steuerlichen Vorschriften über das Monatsgehalt” zu verrechnen hatte (§ 12 des Arbeitsvertrages). Die Beklagte brachte vom Nettogehalt des Klägers für die Monate März, April und Mai 2006 für den „Vorteil PKW-Nutzung” 639,65 EUR in Abzug. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Abrechnungen verwiesen. Der Kläger begehrt für den Monat März 2006 eine Gehaltsdifferenz in Höhe von 582,12 EUR, für April 2006 von 534,65 EUR und für Mai 2006 von 522,65 EUR. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil (Bl. 89 – 97 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiter die Auffassung vertritt, für die Zahlung von Differenzlohn bis zur Grenze der pfändungsfreien Beträge bestände keine Rechtsgrundlage, insbesondere finde § 107 GewO keine Anwendung. Die Beklagte beantragt, das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,die Zurückweisung der Berufung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache überwiegend Erfolg.
I. Der Kläger hat lediglich Anspruch auf Restlohnzahlung für den Monat März 2006 in Höhe von 319,83 EUR netto. Die weitergehende Klage ist unbegründet.
1. Die Beklagte ist verpflichtet dem Kläger für den Monat März 2006 Restlohn in Höhe von 319,83 EUR netto gemäß § 611 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien zu zahlen.
a. Die Beklagte hat für diesen Monat einen Nettoverdienst in Höhe von 1.390,67 EUR abgerechnet, an den Kläger jedoch lediglich 751,02 EUR ausgezahlt. Sie war nicht berechtigt von dem Nettolohn des Klägers als Ausgleich für den „Vorteil PKW-Nutzung” 639,65 EUR in Abzug zu bringen. Denn dieser Betrag entspricht einer PKW-Nutzung für den ganzen Monat, der Kläger war im März 2006 jedoch nur einen halben Monat beschäftigt. Das Firmenfahrzeug wurde ihm ab Eintrittsdatum am 15.03.2006 zur Verfügung gestellt, so dass er den Vorteil der privaten PKW-Nutzung nur vom 16.03. – 31.03.2006 in Anspruch nehmen konnte. Dementsprechend war der Vorteilausgleich für die private PKW-Nutzung auch nur hälftig, also in Höhe von 319,83 EUR zu berücksichtigen.
b. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, sie habe lediglich nach den steuerlichen Vorschriften abgerechnet. Denn der Ansatz eines geldwerten Vorteils kommt nur insoweit in Betracht, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Nutzungsbefugnis eingeräumt hat. Nach § 8 Abs. 2 S. 2 ff. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG hat der Arbeitgeber ein Wahlrecht, den geldwerten Vorteil durch eine Nutzungspauschale oder den Einzelnachweis zu ermitteln. Im Falle der – wie hier – gewählten Nutzungspauschale ...