Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederholungskündigung. Außerordentliche personenbedingte Kündigung wegen des Entzugs der Ermächtigung zum Zugang zu Verschlusssachen nach dem SÜG
Leitsatz (amtlich)
1. Es liegt keine unzulässige Wiederholungskündigung vor, wenn der Arbeitgeber im Anschluss an eine unwirksame außerordentliche fristlose Kündigung eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ausspricht.
2. Es liegt ein Grund für eine außerordentliche personenbedingte Kündigung vor, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Prognose gerechtfertigt ist, dass die für die Tätigkeit des Arbeitnehmers erforderliche Ermächtigung zum Zugang zu Verschlusssachen nach dem SÜG dauerhaft nicht wiedererteilt wird.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1-2; SÜG § 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 6 Ca 8239/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31. Mai 2007 – 6 Ca 8239/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen personenbedingten Kündigung mit Auslauffrist.
Der Kläger ist verheiratet und gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig. Er wurde am 22. März 1959 in Kasachstan geboren und siedelte 1975 nach Deutschland über. Er ist bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1990 als Angestellter zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 3.000 Euro beschäftigt.
Der Einsatz des Klägers erfolgte von Beginn des Arbeitsverhältnisses an beim Bundesamt für Verfassungsschutz als „fremdsprachlicher Vorauswerter” für den russischen Sprachbereich. Der Kläger war mit der Vorauswertung des bei Telefonüberwachungsmaßnahmen gemäß dem sog. G10-Gesetz anfallenden Informationsmaterials befasst. Gelegentlich fungierte er für die Amtsleitung des Bundesamtes für Verfassungsschutz als Dolmetscher für die russische Sprache und begleitete die Amtsleitung in dieser Funktion auch auf Auslandsdienstreisen.
Zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit des Klägers beim Bundesamt für Verfassungsschutz ist dessen Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen gemäß den Regelungen des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (SÜG). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SÜG liegt ein Sicherheitsrisiko im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen.
Dem Kläger wurde die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach entsprechender Sicherheitsüberüberprüfung im Zusammenhang mit seiner Einstellung am 2. Januar 1990 erteilt.
Im August 2002 wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz durch das Polizeipräsidium Hessen darüber unterrichtet, dass dort Ermittlungen gegen eine Tätergruppe aus dem Bereich der russischen organisierten Kriminalität wegen schweren Menschenhandels, Prostitution sowie bandenmäßig betriebener illegaler Einschleusung von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland geführt wurden. Als einer der Hauptverdächtigten galt der Schwager des Klägers, gegen den u.a. wegen Urkundefälschung ermittelt wurde. Da bekannt geworden war, dass der Kläger Kontakt zu seinem Schwager hielt, wurden sowohl sein häuslicher Festnetzanschluss als auch sein dienstlich genutztes Mobiltelefon überwacht.
Der Kläger wurde am 3. Dezember 2002 nach einem Personalgespräch zunächst von der Arbeitspflicht freigestellt. Am 11. August 2003 hob der zuständige Geheimschutzbeauftragte des Bundesamtes für Verfassungsschutz die Ermächtigung des Klägers zum Zugang von Verschlusssachen mit sofortiger Wirkung auf. Mit Bescheid vom 22. August 2003 erfolgte die schriftlich begründete Bestätigung der Aufhebung des Entzugs der Sicherheitsermächtigung. Wegen des Inhalts des Bescheids wird auf die Kopie Bl. 58 ff. d.A. Bezug genommen.
Die nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens vom Kläger erhobene Klage, die auf die Feststellung gerichtet war, dass die Verschlussermächtigung zu Unrecht entzogen worden ist, wies das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 18. Januar 2006 (3 K 1168/04) zurück. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Beklagte sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen dem Kläger und seinem in erheblichem Maße in das organisierte Verbrechen mit Bezug zu GUS-Staaten verstrickten Schwager ein ungewöhnlich enger Kontakt bestanden habe. Darüber hinaus sei der Kläger über die Illegalität des Schwagers und dessen kriminelle Verstrickung zumindest in groben Zügen informiert gewesen. Dies werde durch den Umstand bestätigt, dass dem Schwager des Klägers die Nummer eines Diensthandys bekannt gewesen sei, das dem Kläger ausschließlich zur Aufrechterhaltung eines operativen Verbindungsweges von seiner Dienststelle ausgehändigt worden sei. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf die in Kopie zu den Gerichtsakten gereichten Entscheidungsgrü...