Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. rechtsgeschäftlich
Leitsatz (amtlich)
1) Auch der durch eine Vereinssatzung bewirkte Betriebsübergang (§ 45 Abs. 1 BGB) ist ein Übergang durch Rechtsgeschäft.
2) Auch wenn der abgebende Betriebsinhaber (e.V.) mit dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges aufgelöst wird, kann ein stillschweigender (vorheriger) Übergabevertrag (Rechtsgeschäft) festgestellt werden, wenn es vor diesem Zeitpunkt einen Zeitraum der Koexistenz und Zusammenarbeit zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber (Rechtsträger) gegeben hat (Fall: Übergang einer Musikschule von einem Träger-Verein auf einen Zweckverband öffentlichen Rechts).
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 14.07.1994; Aktenzeichen 6 Ca 576/94) |
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.07.1994 – 6 Ca 576/94 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien seit dem 01.01.1994 ein Arbeitsverhältnis als Musikschullehrerin mit 14 Wochenstunden besteht.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3) Streitwert: 5.400,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin stand seit dem 01.07.1986 als Musiklehrerin für musikalische Früherziehung, Klavier und Blockflötenunterricht im Dienste der „Jugendmusikschule B.”. Sie erzielte zuletzt (1993) mit vierzehn Wochenstunden eine monatliche Durchschnittsvergütung von 1.800,00 DM brutto und war Vorsitzende des in dem Betrieb der Jugendmusikschule im Jahre 1990 gewählten Betriebsrates. Träger und Eigentümer der Einrichtung war der „Jugendmusikschule B. e.V.”, dem die Klägerin erstinstanzlich den Streit verkündet hat. Mitglieder dieses Vereins waren – außer Privatpersonen – die Gemeinden Bedburg, Bergheim, Kerpen, Pulheim und Elsdorf, die nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG NW) einen Zweckverband „Jugendmusikschule B.”, den Beklagten, gegründet haben.
Der Streitverkündete beschloß in einer Mitgliederversammlung vom 23.06.1993 entsprechend dem Wunsch der Mitgliedsgemeinden seine Auflösung zum 31.12.1993; zu diesem Zeitpunkt stellte er die Tätigkeit für den Betrieb der Jugendmusikschule ein, und das Vereinsvermögen fiel satzungsgemäß an die Mitgliedsgemeinden. Entsprechend der Beschlußfassung aller beteiligten Gemeindeorgane und gemäß der Zweckverbandssatzung nahm der Beklagte, der seit dem 13.10.1993 entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen die Rechtsfähigkeit erlangt hatte, wie vorgesehen zum 01. Januar 1994 seine Tätigkeit als Träger der Einrichtungen „Jugendmusikschule B.” auf. Diese arbeitet seit dem weiter in den bis dahin durch die beteiligten Gemeinden zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und nutzt für den Betrieb der Jugendmusikschule unter anderem das früher dem Streitverkündeten gehörende Inventar und die Instrumente weiter. Dem bis zum Jahresende 1993 bei dem Streitverkündeten beschäftigten Musiklehrern bot der Beklagte für die Zeit ab 01.01.1994 Honorarverträge als freie Mitarbeiter an. Die Klägerin lehnte das ihr mit Schreiben vom 02.12.1993 diesbezüglich unterbreitete Angebot letztlich ab, und sie hat am 20.01.1994 bei dem Arbeitsgericht die vorliegende Klage eingereicht, mit der sie den Fortbestand eines mit dem Streitverkündeten begründeteten Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB zum 01.01.1994 geltend gemacht, auf das – wegen unbestrittener Tarifgebundenheit der Klägerin – die Bestimmungen des BAT (VkA) anzuwenden wären.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 01.01.1994 ein wirksames Arbeitsverhältnis als Musiklehrerin zu vierzehn Wochenstunden besteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei bei dem Streitverkündeten nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt gewesen, sondern stets als freie Mitarbeiterin. Außerhalb der Unterrichtsstunden, deren Anzahl und zeitliche Lage entsprechend den Wünschen der Klägerin festgelegt worden seien, habe die Klägerin keine vertraglichen Tätigkeits- oder Anwesenheitspflichten gehabt. Ferner habe zwischen den Streitverkündeten und dem Beklagten ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB nicht stattfinden können, weil der Streitverkündete zum 31.12.1993 erloschen sei und die betrieblichen Einrichtungen ebenso wie die Berechtigung zur weiteren Nutzung der Räumlichkeiten nicht durch ein Rechtsgeschäft auf den Beklagten übergegangen seien.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit dem am 14.07.1994 verkündeten Urteil – 6 Ca 576/94 – die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem festgestellt, nach dem unstreitigen Sachverhalt fehle es an einem Rechtsgeschäft zwischen dem Streitverkündeten und dem Beklagten, auf welchem der Betriebsübergang beruhen könnte. Nach der Auflösung des Streitverkündeten hätten lediglich noch die damaligen Mitgliedsgemeinden existiert. Ein Betriebsübergang könne auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Pächterwechsel festgestellt werden, welche allein ergebnisorientier...