Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugsrecht. Direktversicherung. Insolvenz des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Behandlung des eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts zugunsten des Arbeitnehmers aus einer Direktversicherung des Arbeitgebers (Lebensversicherung) in der Insolvenz des Arbeitgebers

Hier: Anspruch des Arbeitnehmers auf Übertragung der Rechte aus der Lebensversicherung gegen den Insolvenzverwalter.

 

Normenkette

InsO § 47

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1547/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.11.2005 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – 2 Ca 1547/05 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der V B Lebensversicherung a. G., S, D, die Erklärung abzugeben, dass alle Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer: auf den Kläger zu übertragen sind.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie das Bezugsrecht des Klägers aus einer Lebensvericherung in der Insolvenz des Arbeitgebers zu behandeln ist. Der Kläger verlangt die Übertragung der Rechte aus der Lebensversicherung, der beklagte Insolvenzverwalter will dagegen den Rückkaufswert aus dieser Versicherung zur Masse ziehen.

Der am 11.02.1944 geborene Kläger war vom 02.11.1992 bis zum 30.06.1997 bei der E. B GmbH & Co. KG beschäftigt. Diese Firma hat mit Wirkung ab 01.12.1993 bei der V B Lebensversicherung a. G. im Wege der Gruppenversicherung unter anderem auch zugunsten des Klägers eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen. Dem Kläger wurde ein unwiderrufliches Bezugsrecht mit Vorbehalt eingeräumt, das folgenden Inhalt hat:

„Der versicherten Person wird auf die Leistung aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall ein nicht übertragbares und nicht beleihbares unwiderrufliches Bezugsrecht unter den nachstehenden Vorbehalten eingeräumt.

Dem „Arbeitgeber” bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, es sei denn, die Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit gemäß § 1 Absatz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) sind erfüllt. Die Unverfallbarkeit ist demzufolge gegeben, falls

  • • die versicherte Person das 35. Lebensjahr vollendet und die Versicherung zehn Jahre bestanden hat oder
  • • die versicherte Person das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis zwölf Jahre und die Versicherung drei Jahre bestanden hat.

…”

Zum 01.07.1997 wechselte der Kläger zur Firma S Sanitär- und Heizung GmbH. Seine alte Arbeitgeberin überließ ihm die Versicherung zur Weiterführung durch die neue Arbeitgeberin. Diese war zur Fortführung der Versicherung bereit, jedoch nur mit einer Gehaltsumwandlung. Auf dieser Basis wurde die Versicherung bei im übrigen unveränderten Bedingungen weitergeführt.

Am 01.10.2004 wurde über das Vermögen der Firma S Sanitär- und Heizung GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger insolvenzbedingt zum 31.12.2004 und legte den Betrieb still. Der Beklagte hat die Versicherung bislang nicht gekündigt und das Bezugsrecht nicht widerrufen. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass er den Rückkaufswert aus der Versicherung zur Masse ziehen könne. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe aus dem Versicherungsvertrag das Recht, das Bezugsrecht des Klägers zu widerrufen und die Versicherung an sich auszahlen zu lassen; bei Gehaltsumwandlung sei zwar arbeitsvertragliche Unverfallbarkeit eingetreten, der Beklagte als Insolvenzverwalter handele aber nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er gleichwohl das Bezugsrecht widerrufe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht im Wesentlichen geltend, die Insolvenzschuldnerin habe keine eigenen Beiträge zur Versicherung geleistet und könne nicht das Recht haben, den Wert der Versicherung für sich zu vereinnahmen. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf Schadensersatz im Fall des Widerrufs der Versicherung durch den Beklagten.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der V B Lebensversicherung a. G., S, D, die Erklärung abzugeben, dass alle Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer: auf den Kläger zu übertragen sind,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.917,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er stelle zwar nicht in Abrede, dass bei einer Direktversicherung, bei der der Arbeitnehmer die Prämie im Wege der Gehaltsumwandlung zahle, in der Regel davon auszugehe...

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