Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen versuchten Arbeitszeitbetruges durch fahrlässige Falscheintragung in einem Zeiterfassungssystem

 

Leitsatz (amtlich)

Eine außerordentliche Kündigung wegen (versuchten) Arbeitszeitbetruges setzt ein vorsätzliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers voraus. Eine lediglich fahrlässige Falscheintragung in einem Zeiterfassungssystem kann regelmäßig zunächst nur zu einer Abmahnung führen.

Zur Beweiswürdigung im Einzelfall.

 

Normenkette

BGB § 626; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 28.08.2014; Aktenzeichen 11 Ca 5238/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.08.2014 in Sachen11 Ca 5238/13 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.02.2013 weder fristlos, noch fristgerecht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.762,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.841,70 € seit dem 16.04.2013 und aus weiteren 920,85 € seit dem 16.05.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für den Monat März und den Monat April 2013 eine Lohnabrechnung über die sich jeweils ergebenden o. a. Bruttobeträge zu erteilen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlich ausgesprochenen arbeitgeberseitigen verhaltensbedingten Kündigung vom 25.02.2013, der Klägerin zugegangen am 28.02.2013, sowie um Entgeltfortzahlungs- und Abrechnungsansprüche für die Monate März und April 2013.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 11. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 28.08.2014 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 17.11.2014 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen am 16.12.2014 Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.02.2015 am 17.02.2015 begründet.

Die Klägerin und Berufungsklägerin ist der Ansicht, das Arbeitsgericht sei aufgrund fehlerhafter Tatsachenfeststellung und fehlerhafter rechtlicher Würdigung zu einem falschen Ergebnis gelangt. Die Annahme, sie habe in der Korrekturmeldung "17:00 Uhr" eingegeben, resultiere aus einer fehlerhaften Würdigung der Beweisaufnahme. Der Ausdruck des Workflows belege eine solche durch sie, die Klägerin, vorgenommene Zeitangabe nicht. Das Arbeitsgericht sei fehlerhaft der Aussage des Zeugen U gefolgt, ohne die Aussage des Zeugen S hinreichend zu würdigen, der ausgesagt habe, eine Zeiteintragung sei in dem dafür vorgesehenen Feld nicht möglich gewesen. Desweiteren habe der Zeuge S bestätigt, dass nach seiner Kenntnis bei Nichtangabe einer Endarbeitszeit im System grundsätzlich die regelmäßige Arbeitszeit verbucht werde.

Jedenfalls habe sie, die Klägerin, nicht vorsätzlich gehandelt, selbst wenn sie - woran sie sich nicht erinnern könne - tatsächlich zusammen mit der Korrekturmeldung eine Uhrzeit eingegeben habe und diese fehlerhaft gewesen sei. Es liege dann allenfalls ein Vertippen bzw. Irrtum vor.

Schließlich habe das Gericht auch den Beweisantritt zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Datenbestand des Zeiterfassungssystems ohne große Schwierigkeiten manipulierbar sei, nicht übergehen dürfen.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 28.08.2014, 11 Ca 5238/13,

  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 25.02.2013 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
  2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 25.02.2013 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
  3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.762,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.841,70 € seit dem 16.04.2013 und aus weiteren 920,85 € seit dem 16.05.2013 zu zahlen;
  4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Monat März und April 2013 eine Lohnabrechnung über deren sich aus vorstehender Ziffer ergebenden Bruttobeträge zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung voll umfänglich zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.08.2014 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, und verteidigt dessen Entscheidung. Die Beweiswürdigung sei korrekt. An der fachlichen Kompetenz und Glaubwürdigkeit des Zeugen U bestünden keine Zweifel. Die...

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