Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Vergütung von Überstunden
Leitsatz (amtlich)
Unwirksamkeit einer Klausel im Arbeitsvertrag, die ohne Abweichungsmöglichkeit als Voraussetzung für eine Vergütung von Überstunden vorsieht, dass diese ausdrücklich angeordnet sind oder dass sie aus betrieblichen Gründen zwingend notwendig sind und nachträglich und unverzüglich durch den Vorgesetzten schriftlich bestätigt werden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die normale Zeit übersteigenden zeitlichen Umfang, so ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen sind. Daher müssen Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jeweils zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein.
2. Eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag, wonach Überstunden nur zu vergüten sind, wenn sie ausdrücklich angeordnet oder aus betrieblichen Gründen zwingend notwendig waren und nachträglich und unverzüglich durch den Vorgesetzten schriftlich bestätigt wurden, ist gem. § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 BGB unwirksam. Denn die Klausel verstößt gegen wesentliche Grundgedanken der Vergütungspflicht nach §§ 611 Abs. 1, 612 BGB, indem sie das alternative Tatbestandsmerkmal der nachträglichen Billigung mit weiteren von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in diesem Fall nicht geforderten Voraussetzungen verknüpft.
Normenkette
BGB §§ 305, 307, 611-612
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 04.11.2014; Aktenzeichen 7 Ca 916/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.11.2014 - 7 Ca 916/14 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche. Während erstinstanzlich zunächst noch die gesamten Entgeltansprüche für die Monate Februar und März Streitgegenstand waren, die sodann im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe der Grundvergütung (insgesamt 2.931,66 EUR brutto) anerkannt worden waren, sind zweitinstanzlich nur noch Überstundenansprüche des Klägers für die Monate Januar, Februar und März 2014 Streitgegenstand. Sie betreffen einen Gesamtbetrag von 2.853,84 EUR.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Prozessgeschichte (Versäumnisurteil) wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte - auch hinsichtlich der Überstunden - dem Klageantrag entsprechend verurteilt. Gegen dieses ihr am 18.03.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.04.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 25.05.2015 am Pfingstdienstag, den 26.05.2015 begründet.
Sie trägt vor, es hätten sie mehrfach Berichte u. a. von Seiten weiterer Beschäftigter (die nicht benannt werden), erreicht, dass sich der Kläger in dem seinerzeit weitgehenden leer stehenden First-Class-Hotel zwar häuslich eingerichtet gehabt habe, jedoch kaum Arbeitsleistungen erbringe.
Die Beklagte meint im Weiteren, das Arbeitsgericht sei davon ausgegangen, es habe eine Anscheinsvollmacht des direkten Vorgesetzten bestanden, die letztlich die arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Regelung und damit auch das Darlegungsbedürfnis seitens des Klägers außer Kraft gesetzt habe. Dem stehe aber schon die doppelte Schriftform-Regelung des § 17 des Arbeitsvertrages entgegen. Der Kläger habe auch den Arbeitgeber von seiner angeblichen dienstlichen Anweisung zur täglichen und betrieblich zwingend notwendigen Mehrarbeit in Kenntnis setzen können. Der Geschäftsführer sei nahezu wöchentlich im Parkhotel anwesend gewesen und auch über Mobiltelefon und E-Mail erreichbar gewesen.
Die Beklagte meint, die Abzeichnungen durch den Vorgesetzten K bezögen sich auch nicht auf Arbeits- und Mehrarbeitszeiten. Eine Abzeichnung müsse nach den betrieblichen und allgemeinen Regularien für jeden einzelnen Tag erfolgen. Der Vorgesetzte habe nur seine Unterschrift zwecks Weiterleitung an die Zentralverwaltung geleistet. Es sei damit keine "Kommentierung und Freigabe" verbunden.
Die Formblätter dienten auch nur einer Übersicht, mit der die physische Anwesenheit von Mitarbeiten im Hotel festgehalten werden solle. Weil der Kläger im Hotel gewohnt habe, stelle sich indes schon die Frage der Sinnhaftigkeit einer solchen Dokumentation der physischen Anwesenheit.
Letztlich widerspreche das Vorgehen der ausdrücklichen vertraglichen Regelung, der der Kläger nicht genügt habe. Der Kläger habe weder die betriebliche Notwendigkeit begründet noch im Einzelnen zu den jeweiligen Anordnungen vorgetragen noch zu den Inhalten der Mehrarbeit.
Schließlich sei das Hotel in der fraglichen Zeit auch nur zu etwa 25 % hinsichtlich der Zimmer ausgelastet gewesen. Das Restaurant und die Küche seien größtenteils geschlossen gewesen. Für den Frühstücks...