Entscheidungsstichwort (Thema)
Überstundenvergütung. Ausschlussfrist. Ansprüche auf Überstundenvergütung
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche auf Überstundenvergütung:
- Auslegung und Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Überstundenpauschalierungsklausel (im Anschluss an BAG, U. v. 01.09.2010, 5 AZR 517/09, AP Nr. 47 zu § 307 BGB).
- Durch den Ausweis fortgeschriebener positiver Zeitsaldi in Arbeitszeitnachweisen, die zuletzt auch monatlich vom Geschäftsführer der Arbeitgeberin unterzeichnet waren, wird der Zeitsaldo hierdurch streitlos gestellt und braucht nicht nochmals im Sinne einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht werden (im Anschluss an BAG, U. v. 28.07.2010, 5 AZR 521/09, NZA 2010, S. 1241 f).
Normenkette
BGB § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 781
Verfahrensgang
ArbG Passau (Urteil vom 19.11.2010; Aktenzeichen 1 Ca 444/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Passau vom 19. November 2010 – 1 Ca 444/10 in Ziffer 1 hinsichtlich der dortigen Entscheidung zum Antrag zu Ziffer VI. im Schriftsatz vom 21.09.2010 (Überstunden/Mehrarbeitsvergütung) teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 8.387,21 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.09.2010 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage auf Mehrarbeits-/Überstundenvergütung abgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten als ihrer (ehemaligen) Arbeitgeberin im vorliegenden Zusammenhang Mehrarbeits-/Überstundenvergütungsansprüche geltend.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10.10.2003 (Anl. K1, Bl. 7 bis 12 d. A.) seit 06.10.2003 bei der Beklagten als (vollzeitbeschäftigte) „Angestellte” (Verwaltungsangestellte) – seit Oktober 2008 auch mit Prokura – mit einer Vergütung von, zuletzt, 0.000,00 EUR brutto/Monat, zzgl. des geldwerten Vorteils für Nutzung eines Firmen-Pkw u. a., beschäftigt. Der schriftliche Anstellungsvertrag bestimmt (dort zunächst hinsichtlich der Probezeit), dass die Klägerin mit einer „regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden” (je Woche ! – dort § 2 Abs. (1)) eingestellt werde und sie „als Vergütung für ihre gesamte Tätigkeit einschließlich etwaiger Zuschläge für Erschwernis-, Überstunden-, Mehr-, Samstags-, Sonntag-, Feiertag- oder Nachtarbeit …” ein Festgehalt erhalten sollte (dort § 3 Abs. (1)). Die gleiche Formulierung hinsichtlich der Vergütung enthalten Änderungsverträge der Parteien vom 09.08.2006 mit Wirkung zum 01.09.2006 (Anl. K17, Bl. 159 d. A.) und vom 02.12.2008 zum 01.09.2008 (Anl. K18, Bl. 160 d. A.). Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 10.10.2003 beinhaltet weiter eine einzelvertragliche Ausschlussfristenregelung (§ 17, Bl. 12 d. A.)., nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit beidseitig schriftlich geltend gemacht werden müssen
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 28.06.2010 fristgemäß zum 31.08.2010. Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin zunächst diese Kündigung mit der Begründung angefochten, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finde, obwohl die Beklagte selbst lediglich vier Arbeitnehmer beschäftige, da im vorliegenden Fall von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen – der Beklagten und der Fa. K. GmbH, ansässig unter derselben Anschrift wie die Beklagte – auszugehen sei. Darüber hinaus hat die Klägerin im Wege der nachträglichen Klageerweiterung Ansprüche u. a. auf Sonderzahlungen (Leistungstantieme) für 2009 und, anteilig, für 2010 sowie für Überstunden/Mehrarbeit u. a. geltend gemacht.
Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 19.11.2010 zunächst über die Ansprüche auf Zahlung einer Leistungstantieme 2009 und 2010 sowie auf Zahlung von Vergütung für Überstunden/Mehrarbeit entschieden und die Klage hinsichtlich beider Anträge abgewiesen.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der näheren Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug hierzu wird auf die einschlägigen Passagen des ausführlichen Tatbestandes des angefochtenen Teilurteils des Arbeitsgerichts Passau vom 19.11.2010, das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 05.01.2011 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die Abweisung der Klage hinsichtlich einer Vergütung für Überstunden/Mehrarbeit damit begründet hat, dass bereits die Pauschalierungsabrede im Anstellungsvertrag der Parteien einem Zahlungsanspruch dem Grunde nach entgegenstehe. Jedenfalls in der ab 01.09.2008 geltenden Neufassung halte diese Regelung auch einer Inhaltskontrolle des Anstellungsvertrages am Maßstab der §§ 305 c Abs. 2, 306 und 307 bis 309 BGB stand. Das Arbeitsgericht hat hierzu auf ein...