Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit. Umfang
Leitsatz (amtlich)
1. Eine arbeitsvertragliche Bestimmung, wonach der Arbeitnehmer im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten hat, wobei die Einzelheiten der Arbeitgeber im Diensteinsatzplan festlegen kann, verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn kein Zeitraum festgelegt ist, innerhalb dessen die Durchschnittsvorgabe erreicht sein muss.
2. Die Bestimmung kann nicht im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion oder einer ergänzenden Vertragsauslegung mit der Maßgabe aufrechterhalten werden, dass die monatliche Arbeitszeit mindestens 150 Stunden beträgt.
3. Bei der Bestimmung, ob eine von der tariflichen Mindestarbeitszeit für Vollzeitkräfte nach § 2 Abs. 1 MTV für das Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW vom 8. Dezember 2005 abweichende Arbeitszeit auf Dauer gilt, ist auf die Vertragserklärungen der Parteien abzustellen, und nicht allein auf den Umfang der tatsächlichen Arbeitszeit in einem zurückliegenden Jahreszeitraum.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1; Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2005 § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 27.11.2008; Aktenzeichen 17 Ca 1232/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Nebenintervenientin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. November 2008 – 17 Ca 1232/08 – unter Ziff. 1 wie folgt abgeändert:
a. Es wird festgestellt, dass die monatliche Arbeitszeit des Klägers 160 Stunden beträgt.
b. Die Klage auf vertragliche Verlängerung der Arbeitszeit und auf Feststellung einer vertraglich geschuldeten monatlichen Arbeitszeit von 173 Stunden wird abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 45 %.
4. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahren tragen der Kläger zu 47 % sowie die Beklagte zu 43 %, soweit sie bis zu ihrer Berufungsrücknahme entstanden sind, und die Nebenintervenientin zu 43 %, soweit sie ab der Berufungsrücknahme der Beklagten entstanden sind.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über den Umfang der monatlichen Arbeitszeit und über einen Anspruch des Klägers auf Aufstockung der Arbeitszeit.
Der Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 12. Dezember 2001, der als „Vollzeitarbeitsvertrag” überschrieben ist, seit dem 14. November
2001 bei der A D I (im Weiteren: S) als Flugsicherheitskontrolleur am Flughafen Köln/Bonn tätig. In dem Arbeitsvertrag wurde bestimmt, dass der Kläger verpflichtet sei, im monatlichen Durchschnitt 165 Stunden zu arbeiten. Die Einzelheiten sollten sich aus dem jeweiligen Diensteinsatzplan der Beklagten ergeben. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen hatte der Vorgesetzte festzulegen. Als Überstunden war eine Arbeitszeit zu vergüten, die über 173 Stunden pro Monat hinausging. Eine Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit an einem Tag um nicht mehr als 15 Minuten sollte nicht als Überstunde vergütet werden.
Zum 1. Januar 2004 ging das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte über. Diese schloss mit dem Kläger im Dezember 2003 einen schriftlichen Anstellungsvertrag, wonach sie ihn ab dem 15. Januar 2004 neu einstellte mit einer Arbeitszeit von 150 Stunden im monatlichen Durchschnitt. Die Einzelheiten sollten sich aus dem jeweiligen Diensteinsatzplan ergeben, der von der Beklagten im Voraus zu erstellen war. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen hatte der Vorgesetzte festzulegen. Als Überstunden war eine Arbeitszeit zu vergüten, die über 195 Stunden pro Monat hinausging. Eine Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit an einem Tag um nicht mehr als 15 Minuten sollte nicht als Überstunde vergütet werden.
Auf das Arbeitsverhältnis findet Anwendung der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2005. Nach § 2 dieses Manteltarifvertrages beträgt die tarifliche monatliche Mindestarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers 160 Stunden. Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahres 260 Stunden. Ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % ist ab der 265. Monatsarbeitsstunde zu zahlen.
Der Kläger arbeitete in den Monaten Januar 2007 bis einschließlich Dezember 2008 zwischen 159,84 und 231,72 Stunden. Für 2007 ergibt sich ein monatlicher Durchschnitt von 181,47 Stunden und für 2008 von 176,35 Stunden (Aufstellung: Bl. 275 d. A.).
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 beantragte der Kläger unter Hinweis auf § 9 TzBfG bei der Beklagten, seine monatliche Arbeitszeit von 150 Stunden auf 173 Stunden aufzustocken. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Januar 2008 wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe ab.
Mit der vorliegenden Klage, die am 12. Februar 2008 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, verlangt der Kläger von de...