Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsvertrag im BEM-Gespräch. Keine Pflicht zur Schaffung eines neuen leidensgerechten Arbeitsplatzes im Home-Office. Schwerbehinderung und Tätigkeit im Home-Office
Leitsatz (amtlich)
Leidensgerechte Beschäftigung im Homeoffice - Einzelfall
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2; GewO § 106 Abs. 1; IfSG § 28 Abs. 4 S. 1; SGB IX § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 15.07.2021; Aktenzeichen 5 Ca 684/21) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.07.2021 - 5 Ca 684/21 - wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine leidensgerechte Beschäftigung der Klägerin.
Die Beklagte betreibt eine Augenklinik in B sowie 12 weitere medizinische Versorgungszentren. Die Klägerin ist bei der Beklagten als medizinische Fachangestellte mit 30 Wochenstunden beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbarter Einsatzort der Klägerin ist die Zweigpraxis in Ba sowie die angeschlossene Praxis in A , in der sie zuletzt jeweils einen Tag pro Woche tätig war. Im übrigen ist die Klägerin nach § 1 Abs. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 19.02.2018 verpflichtet, im Bedarfsfall auch andere ihr zumutbare Tätigkeiten zu übernehmen, wobei eine Gehaltsminderung hiermit nicht verbunden sein darf.
Die Klägerin ist 35 Jahre alt und leidet an Multipler Sklerose. Als Folge dieser Erkrankung hat sie einen Grad der Behinderung von 50. Im Zeitraum vom 15.01.2020 bis 09.02.2021 war sie arbeitsunfähig erkrankt.
Aufgrund der Langzeiterkrankung wurde ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt. Am 04.11.2020 fand ein BEM-Gespräch (per Zoom-Meeting) statt. An diesem Gespräch war neben der Klägerin für die Beklagte die Praxismanagerin des Standortes Ba , Frau Bl beteiligt. Weiter nahmen die zuständige Betriebsärztin, eine Vertreterin des Integrationsfachdienstes Bo sowie eine Vertreterin der Fachstelle für behinderte Menschen im Arbeitsleben des R Kreises teil. In diesem Gespräch wurde u. a. eine Tätigkeit der Klägerin im Homeoffice thematisiert. Der Gesprächsinhalt im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig.
Im Nachgang zu dem BEM-Gespräch wurde der Beklagten mit Bescheid vom 25.11.2020 auf ihrem Antrag vom 16.11.2020 hin ein Zuschuss für die behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes der Klägerin in Höhe von 2.488,91 € vom Sozialamt des R Kreises zugesagt. Im weiteren Verlauf lehnte die Beklagte die Beschäftigung der Klägerin im Homeoffice ab.
Mit ihrer am 9. März 2021 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen Klage begehrt die Klägerin eine Beschäftigung im Homeoffice.
Wegen des weiteren gesamten erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei nicht zur Schaffung eines zusätzlichen Arbeitsplatzes verpflichtet. Die Parteien hätten eine entsprechende Tätigkeit im Gespräch am 04.11.2020 nicht vereinbart. Die Überlegungen hätten sich vielmehr lediglich in einem Planungsstadium befunden. Dies ergebe sich aus dem von Frau Bl angefertigten Protokoll. Die Möglichkeiten zur Einrichtung eines Homeoffices seien in dem BEM-Gespräch angesprochen worden. Hierbei seien mögliche zu beantragende Zuschüsse und eine andere Entgelteinstufung der Klägerin diskutiert worden. Eine verbindliche Zusage sei allerdings nicht erteilt worden. Letzteres ergebe sich auch aus den im erstinstanzlichen Kammertermin getroffenen Feststellungen. Hier habe die Klägerin selbst angegeben, dass ein Vertrag noch nicht gemacht worden sei. Im übrigen scheitere der Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung bereits an der fehlenden Berechtigung der Praxismanagerin Frau Bl . Schließlich bestehe auch ansonsten keine Verpflichtung der Beklagten, den von der Klägerin begehrten Homeoffice-Platz einzurichten. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 96 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 30.08.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.09.2021 Berufung eingelegt und hat diese am 18.10.2021 begründet.
Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages aus der ersten Instanz vor, sie habe im BEM-Gespräch vom 04.11.2020 dem Vorschlag der Beklagten zur Vertragsänderung zugestimmt. Eine Einigung über die zukünftige Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sei so zustande gekommen. Die Vorschläge der Praxisleitung seien mit der Geschäftsleitung abgesprochen gewesen. Es habe konkrete Zusagen zur Umgestaltung des Arbeitsplatzes in einen Heimarbeitsplatz gegeben. Die Beklagte habe durch die Umsetzung der Vereinbarung auch keine unverhältnismäßig hohen Aufwendungen. Dies zeigten die bewilligten Hilfsmittelzuschüsse durc...