Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines angestellten Lehrers wegen des Versuchs der Eingehung einer Liebesbeziehung zu einer 14-jährigen Schülerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dass ein angestellter Lehrer über einen längeren Zeitraum versucht, in einem persönlichen Kontakt eine Liebesbeziehung zu einer 14-jährigen Schülerin einzugehen, ist an sich geeignet, die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

2. Dabei wird die objektive Wiederholungsgefahr und damit das Risiko künftiger Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung indiziert, dass der Arbeitnehmer schwerwiegend, über einen längeren Zeitraum und vorsätzlich seine arbeitsvertraglichen Pflichten als Lehrer missachtet hat, wobei ihm klar sein musste, dass sein Verhalten durch den Arbeitnehmer nicht hingenommen wird. Die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe sein Verhalten von sich aus korrigiert, ist auch dann nicht geeignet, eine negative Prognose auszuräumen, wenn der Lehrer weiterhin Interesse an der Schülerin gezeigt hat, obwohl diese ihn zurückgewiesen hat und er zu keinem Zeitpunkt objektiv überprüfbar, etwa durch Äußerung gegenüber Dritten, zu erkennen gegeben hat, dass er die Unangemessenheit seines Verhaltens einsieht und bereut oder von ihm als spießig empfundene Moralvorstellungen nunmehr akzeptiert.

 

Normenkette

BGB §§ 626, 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.03.2019; Aktenzeichen 20 Ca 7404/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.03.2019 - 20 Ca 7404/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger, die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 9/10 und dem beklagten Land zu 1/10 auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der am geborene Kläger, ledig, ist seit dem 06.09.2004 ununterbrochen beim beklagten Bundesland als Lehrer mit den Fächern Deutsch und Französisch beschäftigt, seit dem 01.08.2008 am D in K . Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder Anwendung.

Der Kläger tauschte im Rahmen eines Französischaustauschs im Jahre 2014 mit der damals 14jährigen Schülerin E die privaten Mobilfunknummern aus. Im Zeitraum 12.03.2015 bis zum 28.04.2015 kam es zwischen ihnen zu einer umfangreichen Kommunikation mittels des Kurznachrichtendienstes WhatsApp mit zum Teil sexuellen Anspielungen, in der der Kläger seine Zuneigung bekundete. Wegen der Einzelheiten dieser Kommunikation wird auf Bl. 39 ff., 120 ff. d.A. verwiesen. Am 28.03.2015 unternahmen der Kläger und die Schülerin einen Kinobesuch, wobei der Kläger die Schülerin berührte und sie am nachfolgenden Tag u.a. wissen ließ, wie gern er sie auch geküsst hätte. Am 31.03.2015 teilte die Schülerin dem Kläger sinngemäß mit, dass sie von ihm im sexuellen Bereich nichts wolle. Unter dem 13.04.2015 wandte der Kläger sich erneut an die Schülerin und schrieb, dass er sich erstaunlich gut davon erholt habe, dass ihm ein so interessantes Mädchen einen Korb gegeben habe. Auf die Bemerkung der Schülerin, er soll sich andere Frauen suchen, antwortete er, dass es ganz ohne flirten bei ihm nicht gehe. Es passe, wenn sie in einer Patisserie sei, inmitten der anderen süßen Teilchen.

Die Schülerin E hat nach eigenem Bekunden im Juni 2015 auf Anraten ihrer Eltern Kontakt zu einer Psychotherapeutin aufgenommen. In den Therapiesitzungen wurde auch der Kontakt zum Kläger thematisiert. Die Schülerin entschied sich dazu, die Angelegenheit erst nach bestandenem Abitur öffentlich zu machen. Nach dem im Jahre 2018 erfolgten Schulabschluss vertraute sich die Schülerin E der Lehrkraft T an, die am 01.10.2018 die Schulleiterin informierte. Es folgten Dienstgespräche mit dem Kläger am 02.10.2018 und 09.10.2018. Ferner wurde unter dem 11.10.2018 die Schülerin E angehört. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsgesprächs vom 11.10.2018 wird auf das Protokoll vom 12.10.2018 (Bl. 180 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit E-Mail vom 13.10.2018 übersandte die Schülerin dem beklagten Land die Chat-Protokolle.

Unter dem 22.10.2018 hörte das beklagte Land den Personalrat schriftlich zur beabsichtigen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers an (Bl. 83 ff. d.A.). Der Personalrat stimmte am 26.10.2018 der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu (Bl. 94 f. d.A.).

Mit Schreiben vom 26.10.2018 (Bl. 15 f. d.A.) kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgemäß.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 20.03.2019 (Bl. 190 ff. d.A.) die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt. Das Eingehen einer Liebesbeziehung mit einer deutlich minderjährigen Schülerin stelle eine eklatante Grenzüberschreitung des erforderlichen professio...

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