Rechtsmittel zugelassen
Leitsatz (amtlich)
Bei der Frage, ob dem Arbeitnehmer bei einer Gehalts-Nachzahlung ein Lohnsteuer-Schaden entstanden ist, ist das ganze Jahr zu betrachten, weil die Lohnsteuer eine Jahressteuer ist.
Normenkette
BGB §§ 286, 249
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 18.04.1996; Aktenzeichen 1 Ca 1376/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.04.1996 – 1 Ca 1376/95 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war Angestellter des Beklagten (eingetragener Verein), war unter dem 28.03.1994 fristlos entlassen worden, hatte hiergegen geklagt und sich am 05.04.1995 mit dem Beklagten geeinigt dahin, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch ordentliche Kündigung des Beklagten zum 31.08.1994 beendet worden ist und der Beklagte dem Kläger eine Abfindung von 63.000 DM zahlt (Prozeßvergleich, Landesarbeitsgericht Köln 4 Sa 1322/94, Bl. 104 f. d. A.). Anschließend hat der Beklagte dem Kläger die Abfindung gezahlt und das (Rest-)Gehalt für die Monate März bis August 1994 (ab 01.04.1994 monatlich 5.250 DM brutto). Dabei sind Lohnsteuern in Höhe von 9.670 DM angefallen (nach den §§ 34, 11, 38 a EStG i. V. m. den Lohnsteuerrichtlinien Abschnitt 115 Abs. 2 Nr. 8 und Abschnitt 19) und ein Solidaritätszuschlag von 725,25 DM (Bl. 18 d. A.). Der Kläger macht geltend, daß sich hieraus für ihn ein Lohnsteuerschaden ergebe, den der Beklagte ihm ersetzen müsse, auch bei Berücksichtigung der Tatsache, daß die Lohnsteuer eine Jahressteuer sei. Bei pünktlicher Zahlung der Gehälter am 31.03., 30.04., 31.05. usw. bis zum 31.08.1994 hätte er im Jahre 1994 ein Jahreseinkommen von 5.250 DM mal 8 gleich 42.000 DM zu versteuern gehabt. Dabei hätten sich Steuern von 4.419 DM ergeben (Bl. 85 d. A.). Im Jahre 1995 hätte er nichts zu versteuern gehabt. Tatsächlich seien im Jahre 1994 keine Steuern angefallen, dafür im Jahre 1995 7.390 DM und der Solidaritätszuschlag von 554,25 DM (Bl. 83 f. d. A.), das sind zusammen 7.944,25 DM. Die Differenz zu den 4.419 DM gleich 3.525,25 DM mache seinen Steuerschaden aus.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.429,80 DM zu zahlen.
Die andere Zahl im Antrag beruht auf einer ursprünglich anderen Rechnung des Klägers (Schriftsatz des Klägers vom 16.02.1996, Bl. 2 gleich Bl. 32 d. A.).
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, die Argumentation des Klägers sei schon deshalb unerheblich, weil die Parteien einen Bruttolohn vereinbart hätten. Im übrigen sei kein Steuerschaden entstanden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Er beantragt nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.525,25 DM nebst 4 % Zinsen aus 3.429,80 DM seit Rechtshängigkeit und bezüglich des überschießenden Betrages von 95,45 DM seit Rechtshängigkeit dieses Antrages zu verurteilen.
Seine Begründung ergibt sich aus seinen Schriftsätzen vom 10.05., 30.09. und 07.11.1996, die Erwiderung des Beklagten aus dessen Schriftsätzen vom 04.07. und 30.10.1996 und vom 11.02.1997.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist statthaft gemäß § 64 ArbGG. Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die diesbezüglichen Feststellungen ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 11.12.1996.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Der Anspruch des Klägers besteht rechtlich nicht.
1. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 286 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach hat der Schuldner dem Gläubiger den durch den Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Beklagte war zwar mit der Zahlung der (Rest-)Gehälter für die Monate März bis August 1994 in Verzug gekommen, weil er sie nicht pünktlich an den jeweiligen Monatsenden gezahlt hatte (§ 284 Abs. 2 S. 1 BGB) und die Voraussetzungen des § 285 nicht dargelegt hat. Aus der Darlegung des Klägers ergibt sich aber nicht, daß er dadurch einen Lohnsteuerschaden erlitten hat. Einen solchen Schaden hätte er nur erlitten, wenn er in den Jahren 1994 und 1995 mehr Lohnsteuer gezahlt hätte, als er hätte zahlen müssen, wenn der Beklagte die Gehälter pünktlich gezahlt hätte. Davon geht zwar auch der Kläger aus. Er macht bei seiner Rechnung aber zu Unrecht geltend, er hätte dann im Jahre 1994 nur 42.000 DM zu versteuern gehabt und im Jahre 1995 nichts zu versteuern gehabt. Diese Betrachtungsweise ist unzutreffend, weil unzulässig verkürzt. Bei der Frage, welchen Betrag der Kläger im Jahre 1994 bei pünktlicher Zahlung zu versteuern gehabt hätte ist nicht nur die Zeit bis zum 31. August 1994 zu betrachten, sondern das ganze Jahr, weil die Lohnsteuer eine Jahressteuer ist. Bei normalem Verlauf der Dinge, d. h. ohne die fristlose Kündigung des Beklagten, hätte der Kläger aber Gehalt nicht nur bis August 1994 bekommen, sondern bis Dezember 1994 und auch noch im Jahre 1995. Damit hätte der Kläger auch ohne die f...