Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung aus wichtigem Grund. Beleidigung in grober Art und Weise. Bespucken einer Kollegin. Zum Erfordernis der Abmahnung vor einer Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Auch ohne vorherige Abmahnung kann die grobe Beleidigung einer Arbeitskollegin eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Normenkette
BGB §§ 626, 314 Abs. 2, § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 12.04.2012; Aktenzeichen 6 Ca 5600/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.04.2012 - 6 Ca 5600/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie um die Wirksamkeit der Anfechtung des Arbeitsvertrages.
Der Kläger ist seit dem 01.10.2010 bei der Beklagten als Versicherungsmakler in Teilzeit zu einer monatlichen Vergütung von 2200,-- € brutto beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt lief gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung. Am 10.02.2011 wurde der Kläger vom Amtsgericht Hamburg wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen zu 90 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt. Hierbei ging es zum einen um die Fälschung eines Sachkundenachweises, zum anderen um Fälschung einer Unterschrift unter einem Lebensversicherungsvertrag.
Nach einer Auseinandersetzung mit der Zeugin S -M am 05.07.2011, deren Hergang zwischen den Parteien streitig ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 05.07.2011 fristlos, hilfsweise focht sie den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an.
Mit seiner Feststellungsklage wendet sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Anfechtung des Arbeitsvertrages. Zudem macht er Vergütungsansprüche geltend.
Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 12.04.2012 (Bl. 80 ff. d. A.) die Feststellungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte den Arbeitsvertrag wirksam angefochten habe, da der Kläger sie bei Abschluss des Arbeitsvertrages arglistig getäuscht habe. Der Kläger habe die Beklagte nicht darüber informiert, dass sein Arbeitsverhältnis zum vorherigen Arbeitgeber aufgrund einer fristlosen Kündigung beendet worden sei und dass der wichtige Grund dieser Kündigung eine Urkundenfälschung gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 08.06.2012 zugestellte Teilurteil hat der Kläger unter dem 09.07.2012 Berufung eingelegt und diese am 06.08.2012 begründet.
Der Kläger meint, er sei nicht verpflichtet gewesen, von sich aus auf die Vorstrafen hinzuweisen. Er habe den Strafbefehl lediglich auf Empfehlung seiner damaligen Verteidigerin aus Beweisgründen akzeptiert, nicht hingegen den damit verbundenen Unrechtsvorwurf. Jedenfalls sei der Beklagten die falsche Sachkundenachweisbescheinigung bekannt gewesen. Eine Beleidigung der Zeugin S -M stellt der Kläger in Abrede. Er habe lediglich sinngemäß erklärt, dass er das Verhalten der Beklagten, ihm die fällige Vergütung nicht auszuzahlen, zum Kotzen fände.
Der Kläger beantragt,
das am 12.04.2012 verkündete und am 08.06.2012 zugestellte Teilurteil des Arbeitsgerichts Köln - 6 Ca 5600/11 - abzuändern und festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Anfechtung vom 05.07.2011 noch durch die Kündigung vom 05.07.2011 fristlos aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht sich durch den Kläger bei Eingehung des Arbeitsvertrages arglistig getäuscht. Der Kläger habe vorgespiegelt, er habe seinem vorherigen Arbeitgeber freiwillig durch Aufhebungsvertrag verlassen und sie nicht darüber informiert, dass sich das Ermittlungsverfahren auch auf den Vorwurf der Fälschung einer Kundenunterschrift bezogen habe. Von dem Ermittlungsverfahren, soweit es die Fälschung des Sachkundenachweises betraf, habe sie erst später beiläufig erfahren, verbunden mit der unwahren Beteuerung des Klägers, dass der Vorwurf haltlos sei. Ferner habe er seine prekäre wirtschaftliche Lage verschwiegen. Die fristlose Kündigung sei u.a. deshalb begründet, weil der Kläger die Zeugin S -M als "Fotze" bezeichnet und sie angespuckt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 06.08.2012 und 27.09.2012 Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht hat Zeugenbeweis über die Behauptung der Beklagten, der Klägerin habe die Zeugin S -M beleidigt und bespuckt, erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.03.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig, den...