Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung. Beleidigung einer Kollegin
Leitsatz (redaktionell)
Die Beschimpfung eines Arbeitnehmers gegenüber seiner Kollegin „Du Fotze, von dir lasse ich mir sowieso nichts sagen, du bist ja nur eine Zeitangestellte und ich bin fest angestellt. Dich drücke ich an die Wand und mache dich fertig”, stellt zweifellos eine grobe, schwerwiegende Beleidigung dar. Es wird damit in schwerwiegender Weise die arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen der anderen Arbeitnehmerin verletzt. Dennoch kann eine verhaltensbedingte Kündigung unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und der Umstände des Einzelfalls unwirksam sein.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 18.11.2005; Aktenzeichen 2 Ca 6194/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.11.2005 – 2 Ca 6194/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung.
Der am 18.11.1964 geborene Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 25.01.1993 seit 01.02.1993 beim B für den Z als Bote/Pförtner beschäftigt. Am 07.01.2002 beschimpfte und beleidigte er einen Arbeitskollegen, weswegen er mit Schreiben vom 27.05.2002 abgemahnt wurde.
Zu Beginn 2005 wurde der Kläger in die Poststelle versetzt. Dort war auch die Zeitangestellte F. beschäftigt. Diese beschimpfte er am 23.02.2005 mit den Worten: „Du Fotze, von dir lasse ich mir sowieso nichts sagen, du bist ja nur eine Zeitangestellte und ich bin fest angestellt. Dich drücke ich an die Wand und mache dich fertig”. Frau F. wandte sich an den Vorgesetzten, der den Kläger zur Rede stellte. In dessen Anwesenheit schimpfte der Kläger weiter: „Du Chefin, soll ich für dich den Kaffee kochen oder was? Du spielst doch immer nur am PC und ich muss die Arbeit machen. Blöde Kuh”. In der Mittagspause entschuldigte der Kläger sich bei Frau F..
Mit Schreiben vom 11.04.2005 hat die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten fristgerechten Kündigung angehört. Der Personalrat widersprach mit Schreiben vom 27.06.2005. In der Zwischenzeit war der Kläger weiter in der Poststelle, aber räumlich getrennt von Frau F., weiterbeschäftigt worden.
Mit Schreiben vom 28.06.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.12.2005. Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung wendet der Kläger sich im vorliegenden Rechtsstreit. Er hat vorgetragen: Die Abmahnung vom 27.05.2002 sei unberechtigt gewesen. Am 23.02.2005 habe er zwar Frau F. beschimpft, dies habe aber seinen Grund in unberechtigten Vorhaltungen von Frau F. gehabt, die auch ansonsten ein dominantes Verhalten ihm gegenüber an den Tag gelegt habe. Er sei sehr erregt gewesen, habe aber schnell sein Unrecht eingesehen und sich bei Frau F. entschuldigt, die seine Entschuldigung angenommen habe. Angesichts dessen, so hat der Kläger geltend gemacht, sei die Kündigung unberechtigt.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28.06.005 zum 31.12.2005 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hält die fristgerechte Kündigung angesichts des als schwerwiegend einzustufenden Vorfalles vom 23.02.2005 und des gleichgelagerten bereits abgemahnten Fehlverhaltens am 07.01.2002 für berechtigt. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei nicht mehr zumutbar gewesen.
Durch Urteil vom 18.11.2005 hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung vom 28.06.2005 festgestellt, im Wesentlichen mit der Begründung, sie verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Unter den hier gegebenen Umständen hätte es vor Ausspruch der Kündigung einer weiteren Abmahnung bedurft.
Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 74 bis 82 d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 14.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.12.2005 Berufung eingelegt und diese am 30.01.2006 begründet.
Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angenommen. Es liege eine grobe, schwerwiegende Beleidigung vor, die ohne weitere vorherige Abmahnung zur Kündigung, die nicht als fristlose, sondern als fristgerechte ausgesprochen worden sei, berechtige. Der Kläger sei einschlägig abgemahnt. Diese Abmahnung habe ihre Wirkung noch nicht verloren gehabt.
Erheblich erschwerend falle zudem ins Gewicht, dass der Kläger nach Beleidigung von Frau F., als der Vorgesetzte bereits anwesend gewesen sei, die Arbeitskollegin weiter beleidigt habe. Dies schließe auch eine Beleidigung im Affekt aus. Die Entschuldigung, die der Kläger dann mehrere Stunden nach dem Vorfall ausgesprochen habe, falle nicht ins Gewicht. Da der Kläger aufgrund des Vorfalles mit einer Kündigung habe rechnen müssen, sei davon auszugehen, dass er diese E...