Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines schwerbehinderten Bewerbers um die Leitung der Referatsgruppe "Zentrale Infrastruktur"

 

Leitsatz (redaktionell)

Es verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Bewerbers um die Leitung der Referatsgruppe "Zentrale Infrastruktur", wenn seine Bewerbung mit der Begründung zurückgewiesen wird, er weise kein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem der sog. MINT-Fächer auf und verfüge auch nicht über die erforderliche Personalerfahrung, wenn der Abschluss eines Hochschulstudiums in den genannten Fächern nicht zwingend erforderlich erscheint und der Bewerber bislang sowohl außerhallb wie auch im öffentlichen Dienst in verantwortlichen Positionen tätig war.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2; SGB IX § 82 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 11.01.2017; Aktenzeichen 12 Ga 108/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.01.2017 - 12 Ga 108/16 - abgeändert.

    Der Verfügungsbeklagten wird es vorläufig, längstens jedoch bis zur erstinstanzlichen Entscheidung der Hauptsache oder dem Abschluss eines unter Einbeziehung des Verfügungsklägers neu durchzuführenden Bewerbungsverfahrens untersagt, die Stelle "Leiterin/Leiter der Referatsgruppe IV B - Betrieb, zentrale Infrastruktur" - Kennziffer Z2-P1454-19/16-e zu besetzen oder kommissarisch durch den/die im angegriffenen Auswahlverfahren bestplatzierte/n Bewerber/in vorläufig zu besetzen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsbeklagte.
 

Tatbestand

Der Verfügungskläger begehrt die Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs.

Der am 1965 geborene Verfügungskläger schloss 1995 ein Studium der Wirtschaftswissenschaften ab und promovierte 1998 zu dem Thema "Werbung im Internet". Nach Tätigkeiten bei verschiedenen Unternehmen ist er derzeit im Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen als Referent in dem Referat I B 2 (Informationssicherheit/CISO, Rechtsfragen des ERV und der E-Akte, IT-Öffentlichkeitsarbeit) tätig. Der Verfügungskläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80.

Die Verfügungsbeklagte hat im Geschäftsbereich des B der F das I B (I ) als zentralen IT-Dienstleister der Bundesverwaltung mit derzeit rund 2.400 Beschäftigten eingerichtet. Das I schrieb zum 01.01.2017 die mit der Besoldungsgruppe A 16 bewertete Stelle

Leiterin bzw. Leiter der Referatsgruppe IV B - "Betrieb, zentrale Infrastruktur"

aus. Die Referatsgruppe IV B ist für die zentralen Infrastrukturservices (technisches Facility Management, RZ-Infrastruktur, Speichersysteme, Datenbanken und Outputmanagement) zuständig. Mit der Stelle ist die Personalverantwortung für ca. 200 Beschäftigte verbunden. Die Anforderungen definierte die Verfügungsbeklagte in der Stellenausschreibung wie folgt:

- Sie verfügen über ein erfolgreich abgeschlossenes, einschlägiges wissenschaftliches Hochschulstudium (Master bzw. Diplom/Universität) vorzugsweise in den Fachrichtungen Informatik, Wirtschaftsinformatik, Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Nachrichtentechnik oder in vergleichbaren Studiengängen sowie nachgewiesene mehrjährige Erfahrung im IT-Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. der Privatwirtschaft.

- Als Beamtin/Beamter befinden Sie sich in der Laufbahn des höheren Dienstes in der Besoldungsgruppe A 15 bzw. A 16.

Wegen des näheren Inhalts der Stellenausschreibung wird auf Bl. 7 und 8 der Akte Bezug genommen.

Der Verfügungskläger bewarb sich auf diese Stelle, indem er seine persönlichen Daten und seinen Lebenslauf in die von der Verfügungsbeklagten vorgesehene Datenmaske eintrug. In seinem Begleitschreiben wies der Verfügungskläger auf seine Schwerbehinderung hin. Zudem lud er seinen Schwerbehindertenausweis in das Bewerbungssystem hoch.

Ohne den Verfügungskläger zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, lehnte die Verfügungsbeklagte seine Bewerbung mit Schreiben vom 16.12.2016 ab. Stattdessen wählte sie als Bewerber einen Beamten ihres Hauses, den Referatsleiter IV B 5 (Datenmanagement) aus, der 1985 die Laufbahnprüfung des gehobenen Dienstes bestanden hatte, 2007 in den höheren Dienst aufgestiegen war und nach der Besoldungsgruppe A 15 besoldet wird.

Mit seinem am 20.12.2016 beim Arbeitsgericht Köln eingereichten Antrag begehrt der Verfügungskläger die Unterlassung der Stellenbesetzung bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache oder dem Abschluss eines unter seiner Einbeziehung neu durchzuführenden Bewerbungsverfahrens.

Der Verfügungskläger hat die Auffassung vertreten, dass er für die ausgeschriebene Stelle geeignet sei und dass er zu einem Vorstellungsgespräch hätte eingeladen werden müssen.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten vorläufig, längstens jedoch bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, im Abschluss eines unter seiner Einbeziehung neu durchzuführenden Bewerbungsverfahrens die Stelle "Leiterin/Leiter der der Referatsgruppe IV B - Betrieb, zentrale Infrastruktur -...

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