Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechte eines schwerbehinderten Bewerbers bei unzutreffender Ausschließung aus dem Bewerberverfahren als "offensichtlich fachlich ungeeignet"
Leitsatz (amtlich)
Setzt ein öffentlicher Arbeitgeber in der Ausschreibung für eine Stelle entsprechend Beamtenbesoldungsgruppe A 16 voraus, dass der/die Bewerber/-in "ein erfolgreich abgeschlossenes, einschlägiges Hochschulstudium (Master bzw. Diplom/Universität) vorzugsweise in den Fachrichtungen Informatik, Wirtschaftsinformatik..." vorzuweisen hat, so kann ein schwerbehinderter promovierter Wirtschaftswissenschaftler nicht ohne Einladung zu einem Vorstellungsgespräch als "offensichtlich fachlich ungeeignet" aus dem Bewerberverfahren ausgeschlossen werden, weil er über kein "einschlägiges" Hochschulstudium verfüge, wenn der Arbeitgeber zugleich auf die Plätze 1, 2 und 4 des vorläufigen Bewerberrankings Personen gesetzt hat, die überhaupt keinen Hochschulabschluss besitzen.
Normenkette
GG Art. 33; SGB IX § 82
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 12.01.2017; Aktenzeichen 14 Ga 109/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.01.2017 in Sachen 14 Ga 109/16 abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird es vorläufig, längstens jedoch bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache oder dem Abschluss eines unter Einbeziehung des Klägers neu durchzuführenden Bewerbungsverfahrens untersagt, die Stelle "Leiterin/Leiter der Referatsgruppe II B - Basisdienste, fachliche Querschnittsanwendungen" - Kennziffer Z 2 - - zu besetzen oder kommissarisch durch den/die im angegriffenen Auswahlverfahren bestplatzierte/n Endbewerber/in vorläufig zu besetzen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt.
Tatbestand
Der Verfügungskläger will im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass eine von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle, auf die er sich beworben hat, vorläufig nicht mit einer anderen Bewerberin/einem anderen Bewerber besetzt wird.
Der am 1965 geborene Verfügungskläger schloss 1995 ein Hochschulstudium der Wirtschaftswissenschaften ab und promovierte 1998 zu dem Thema "Werbung im Internet". In der Folgezeit war der Kläger bei verschiedenen Unternehmen und Institutionen beschäftigt, die entweder selbst der IT-Branche angehören oder bei denen er zumindest im Funktionsbereich IT/Informatik eingesetzt war. Auf die Angaben in dem zu den Akten gereichten Lebenslauf des Klägers (Bl. 20 ff. d. A.) wird Bezug genommen. Zurzeit ist der Kläger im M der J des Landes N -W als Referent in dem Referat I (I /C , R d E und der , I -Ö ) tätig.
Der Verfügungskläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Der Grad seiner Behinderung beträgt 80 %.
Die Verfügungsbeklagte hat im Geschäftsbereich des B der F das I B (ITZ) als zentralen IT-Dienstleister der B mit derzeit ca. 2400 Beschäftigten eingerichtet.
Das ITZ schrieb zum 01.01.2017 die mit der Besoldungsgruppe A16 bzw. vergleichbarem AT-Entgelt für Tarifbeschäftigte bewertete Stelle einer Leiterin/eines Leiters der Referatsgruppe II B - "Basisdienste, fachliche Querschnittsanwendungen" aus. Auf den vollständigen Text der Ausschreibung wird Bezug genommen (Bl. 7 f. d. A.). Unter der Überschrift "Anforderungen" heißt es in der Ausschreibung wie folgt:
- "Sie verfügen über ein erfolgreich abgeschlossenes, einschlägiges wissenschaftliches Hochschulstudium (Master bzw. Diplom/Universität) vorzugsweise in den Fachrichtungen Informatik, Wirtschaftsinformatik, Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Nachrichtentechnik oder in vergleichbaren Studiengängen sowie nachgewiesene mehrjährige Erfahrung im IT-Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. der Privatwirtschaft.
- Als Beamtin/Beamter befinden Sie sich in der Laufbahn des höheren Dienstes in der Besoldungsgruppe A15 bzw. A16 BBesO.
Darüber hinaus erwarten wir:
- mehrjährige einschlägige Erfahrungen als Führungskraft großer, heterogener Personaleinheiten an mehreren Standorten im IT-Bereich des öffentlichen Dienstes oder vergleichbaren Einheiten der Privatwirtschaft.
..."
Der Verfügungskläger bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle innerhalb der angegebenen Frist. Beim ITZ gingen insgesamt 81 Bewerbungen interner wie externer Bewerberinnen und Bewerber ein. Die Beklagte traf aus dem Bewerberkreis eine Vorauswahl von 13 Personen, die ihrer Auffassung nach das Anforderungsprofil erfüllten, und lud diesen Personenkreis zu einem mündlichen Anhörungsverfahren ein. Auf das nach dem von der Beklagten vorgenommenen Ranking geordnete Bewerbertableau wird Bezug genommen (Anlage B 1, Bl. 76 ff. d. A.). Die vorausgewählten Bewerber/-innen mit den laufenden Nummern 1, 2 und 4 verfügen über keinerlei Studienabschluss. Die vorausgewählte Bewerberin Nr. 3 verfügt über einen Studienabschluss in linguistischer Datenverarbeitung. Der Bewerber Nr. 5 ist Diplom-Ingenieurökonom. Der Bewerber Nr. 7 ist Diplomgeograf und hat Geologie studiert. Der Bewerber Nr. 20 ist promovierter Diplomchemiker und der Bewerb...