Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung einer fristlosen Änderungskündigung durch einen ausländischen Staat
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Eingreifen der deutschen Gerichtsbarkeit im Rahmen der Beschäftigung einer Lehrkraft durch einen ausländischen Staat.
2. Zur Bestimmheit einer Änderungskündigungserklärung.
Leitsatz (redaktionell)
3. a) Maßgebend für die Unterscheidung zwischen acta iure imperii und iure gestionis kann nur die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses sein, nicht aber Motiv oder Zweck der Staatstätigkeit, so dass es darauf ankommt, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich rechtlich, oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist.
b) Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses einer angestellten Lehrkraft stellt nach deutschem Recht ein privatrechtliches Handeln des beklagten Landes dar.
Normenkette
GVG § 20 Abs. 2; KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 06.04.2011; Aktenzeichen 9 Ca 8932/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.04.2011 - 9 Ca 8932/10 - wird - nach Wiedereinsetzung der Beklagten in die Berufungsbegründungsfrist - zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen fristlosen Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung.
Gemäß Arbeitsvertrag vom 14.11.1985 ist die Klägerin seit dem 01.09.1985 bei dem beklagten Land, vertreten durch das G in D , beschäftigt. Zunächst erfolgte die Beschäftigung vertragsgemäß zur Unterrichtung der deutschen Sprache im g L in K . Seit dem 01.08.2003 übt sie die Funktion der Schulleiterin an dieser Schule aus.
Unter Ziffer IV des Arbeitsvertrages vom 14.11.1985 ist geregelt, dass die Einstellung nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) erfolgt und die Besoldung sich aus einer aus dem BAT sich ergebenden Grundvergütung und einem weiteren Ortszuschlag zusammensetzt.
Das monatliche Einkommen der Klägerin betrug zuletzt ausweislich der Gehaltsbescheinigung vom 15.01.2010 3.966,94 € brutto.
Im g L in K sind 18 Lehrer beschäftigt.
Mit Schreiben vom 25.10.2010 kündigte das beklagte Land den Arbeitsvertrag mit der Klägerin aus wichtigem Grund sofort und fristlos; es bot der Klägerin zugleich einen neuen Arbeitsvertrag mit geänderten Bedingungen - Minderung des Bruttogehaltes um 333,60 € monatlich, Abschaffung der Jahressonderzahlung und der Regelung , dass zukünftig Gehaltserhöhungen nicht automatisch gemäß dem TV-L bezahlt würden, sondern sich nach der Entscheidung des Arbeitgebers, nämlich der Einsparungspolitik des g Staates, richteten - an. Wegen des Inhaltes des Schreibens vom 25.10.2010 im Einzelnen wird auf die Kopie (Bl. 20 d. A.) verwiesen.
Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 08.11.2010 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an.
Mit ihrer Klage vom 08.11.2010, welche am 09.11.2010 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Änderungskündigung vom 25.10.2010 wegen fehlender sozialer Rechtfertigung geltend.
Sie hat erstinstanzlich die Rechtsauffassung vertreten, es fehle an einem wichtigem Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung ihres nach den Vorschriften des TV-L unkündbaren Arbeitsverhältnisses. Das beklagte Land könne sich für die von ihm beabsichtigte Entgeltabsenkung nicht auf das Gesetz der Republik G Nr. 3845/10 berufen, da dieses Gesetz nur für Beamte und Funktionäre anwendbar sei. Ohnehin finde dieses auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung, da nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 14.11.1985 der Bundesangestelltentarifvertrag bzw. ihn ablösende Tarifverträge anwendbar seien. Die Klägerin hat zudem bestritten, dass durch die Kürzung ihrer Entgeltansprüche die Insolvenz des g Staates abzuwenden sei. Weiterhin hat die Klägerin die Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB gerügt, da das von der Beklagtenseite in Bezug genommene Gesetz Nr. 3845/10 bereits am 06.05.2010 ratifiziert worden sei, die Änderungskündigung ihr gegenüber hingegen erst mit Schreiben vom 25.10.2010 und damit weit nach Verstreichen der 14tägigen Kündigungserklärungsfrist ausgesprochen worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gemäß Änderungskündigung vom 25.10.2010 sozial ungerechtfertigt ist.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der für die außerordentliche Änderungskündigung erforderliche wichtige Grund gemäß § 34 Abs. 1 TVöD sei zum Zwecke der Entgeltabsenkung gegeben. Dies gelte mit Rücksicht darauf, dass die Wirtschaftshilfe für das beklagte Land durch die anderen Euro-Länder und den internationalen Währungsfonds von der Realisierung eines Sanierungsplanes abhängig gemacht worden sei. Diesem diene das Gesetz Nr. 3845/10 zur Vermeidung von Entlassun...