Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung des falschen Betriebsrats. Zuständigkeit des Betriebsrats bei Versetzung. Anhörung bei Versetzung und Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch eine Versetzung, über deren Zulässigkeit die Parteien streiten, begründet die Zuständigkeit des Betriebsrats des "neuen" Betriebs für die Kündigungsanhörung, bis die Unzulässigkeit der Versetzung mit Rechtskraft festgestellt ist oder durch eine neue Weisung die Streitige vollständig aufgehoben ist. Anschluss an BAG 22.02.2012 5 AZR 249/11.

 

Normenkette

BGB § 315; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 10.07.2013; Aktenzeichen 4 Ca 3008/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.07.2013 - 4 C 3008/12 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit je einer Änderungskündigung vom 29.11.2012 und vom 12.02.2013 sowie um die modifizierte Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der Kläger, der am 1963 geboren, verheiratet und einem Kind unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 02.01.1991 Arbeitnehmer der Beklagten. Eine Vorbeschäftigungszeit seit dem 09.10.1981 wird angerechnet. Wegen der Umstrukturierung der Beklagten war der Kläger vom 01.01.1994 bis 31.08.2005 beurlaubt und arbeitete in dieser Zeit bei den Unternehmen D bzw. T-M Deutschland. Sein Arbeitsort in dieser Zeit war Stuttgart. Nach dem Ende der Beurlaubung verzog der Kläger von Stuttgart in seine Heimat nach Dresden. Ihm war zugesagt worden, dass ihm eine heimatnahe Tätigkeit zugeordnet wird. Seit dem 01.09.2005 war der Kläger beschäftigungslos bei Fortzahlung seiner Vergütung. Er war der betrieblichen Einheit PMB-NL zugeordnet. In der Zeit von 8/06 bis 7/08 absolvierte er ein FH-Studium. Im Anschluss hieran wies die Beklagte ihm keinen wohnortnahen Arbeitsplatz zu. Bewerbungen des Klägers auf solche Arbeitsplätze blieben erfolglos.

Mit Wirkung zum 01.09.2011 versetzte die Beklagte den Kläger auf einen Arbeitsplatz in Stuttgart als Supporter bei der betrieblichen Einheit V Stuttgart. Diese betriebliche Einheit verfügt über einen eigenen Betriebsrat. Der Kläger war dort 18 Wochen tätig, bevor er erkrankte. Vom 16. bis 19.07.2012 wurde eine Wiedereingliederung versucht, die jedoch abgebrochen wurde. Mit Urteil vom 14.09.2012 - 5 Sa 82/12 - stellte das Landesarbeitsgericht fest, dass die Versetzung nach Stuttgart unwirksam war und verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, den Kläger auf einem Dauerarbeitsplatz als Supporter Projektmanagement bei der Organisationseinheit V in Stuttgart einzusetzen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen das Urteil legte die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde ein, welche am 08.03.2013 zurückgewiesen wurde.

Mit den beiden hier angegriffenen Kündigungen sprach die Beklagte dem Kläger eine Änderungskündigung (mit und ohne Beteiligung des Integrationsamtes) auf einen Arbeitsplatz bei der Betriebseinheit V Darmstadt aus. Hinsichtlich beider Kündigungen nahm der Kläger das Änderungsangebot nicht an. Für beide Kündigungen hörte die Beklagte den Betriebsrat der SBR gemäß § 8 a Zuordnungstarifvertrag an. Der Betriebsrat der SBR ist für Mitarbeiter zuständig, die beschäftigungslos sind und der Einheit PMB-NL zugeordnet sind. Der Kläger sowie die erste Instanz haben die Ansicht vertreten, der Betriebsrat des Betriebes V Stuttgart sei für die Anhörung zur Kündigung zuständig. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie vertritt die Ansicht, aufgrund der Tatsache, dass sie sich dem Ausspruch des zweitinstanzlichen Urteils unterworfen habe, die Beschäftigung des Klägers in Stuttgart bereits vor Rechtskraft des Urteils unterlassen habe und den Kläger mit Schreiben vom 16.10.2012 von der Arbeitsleistung in Stuttgart freigestellt habe, sei der Betriebsrat der PMB-NL für die ausgesprochenen Änderungskündigungen zuständig. Der Stuttgarter Betriebsrat sei nicht mehr zuständig gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.07.2013 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige und fristgerechte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Den Ausführungen des Arbeitsgerichts Bonn, wonach die Beklagte für die vorliegende Kündigung den falschen Betriebsrat angehört hat, ist zuzustimmen.

Durch Ausübung des Direktionsrechts hat die Beklagte dem beschäftigungslosen Kläger einen Arbeitsplatz in Stuttgart bei dem Betrieb der V Stuttgart zugeordnet. Der Kläger hat diesen Arbeitsplatz auch angenommen und war dort tätig. Er war damit Betriebsangehöriger des Stuttgarter Betriebes geworden. Der Stuttgarter Betriebsrat war für den Kläger zuständig geworden.

Die Unwirksamkeit der Ausübung des Direktionsrechts führt nicht dazu, dass der Kläger bereits vor Rechtskraft der Entscheidung über die Versetzung nach Stuttga...

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