Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anwendbarkeit des KSchG. Voraussetzungen der Hinzurechnung weiterer Arbeitnehmer im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes
Leitsatz (redaktionell)
1. Arbeitnehmer anderer Unternehmen sind bei der Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl grundsätzlich nicht mitzurechnen. Abweichend hiervon findet eine Hinzurechnung lediglich dann statt, wenn von einem einheitlichen oder gemeinsamen Betrieb auszugehen ist. Dies ist der Fall, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammen gefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.
2. Eine einheitliche Leitung mehrerer Betriebe ist nicht begründet bei einer lediglich unternehmerischen Zusammenarbeit bei der Erstellung eines Anzeigenblattes.
Normenkette
KSchG § 23 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.03.2019; Aktenzeichen 1 Ca 6859/18) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.03.2019 - 1 Ca 6859/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Kündigung, dabei insbesondere, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, weil die Beklagte mit anderen Betrieben einen Gemeinschaftsbetrieb bildet und deren Arbeitnehmer/innen hinzuzurechnen sind.
Die Klägerin ist seit dem 01.10.2001 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Anzeigenleiterin für die Titel "S " und "W ". Nach Klägervortrag war sie vorher seit dem 10.03.1993 bei der St , die von der Beklagten gekauft wurde, tätig.
Bei den Titeln "S " und "W " handelt es sich um wöchentlich erscheinende Zeitungen, die kostenlos zugestellt werden und sich ausschließlich durch Anzeigen finanzieren. Gesellschafter dieses Anzeigenblatts und zahlreicher anderer Anzeigenblätter in der Region ist die Rh .
Die Beklagte betreibt nach der Ausgründung der Redaktion im Sommer 2018 nur noch das Verlagsgeschäft und beschäftigt seitdem neben der Klägerin lediglich eine weitere Vollzeitmitarbeiterin. Geschäftsführer der Beklagten ist Herr Ra . Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagte mit der V mit 4 Mitarbeiterinnen in Vollzeit sowie einer Mitarbeiterin in Teilzeit mit wöchentlich 20 Stunden - alle erst nach dem 31.12.2003 eingetreten - einen Gemeinschaftsbetrieb mit insgesamt einschließlich der Klägerin 6,5 Mitarbeiterinnen unterhält. Streitig ist zwischen den Parteien vor allem, ob die Beklagte darüber hinaus einen Gemeinschaftsbetrieb mit der R , der V und der bildet. Geschäftsführer der nach Ausgründung entstandenen R ist Herr D . Diese Gesellschaft hat ihren Sitz - wie die Beklagte - in der E , 5 und beschäftigt 10 Redakteure. Geschäftsführer des Anzeigenblattes V ist Herr Z . Diese Gesellschaft hat ihren Sitz in B , sie beschäftigt 6 Mitarbeiter/innen.
Mit Schreiben vom 20.09.2018 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin "fristgemäß und ordentlich zum 31. März 2019".
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 09.10.2018 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage gewandt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, da die Beklagte zum einen mit der R sowie der S , einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalte, der unter einer einheitlichen Leitung - der Rh , stehe. Die Verlage seien im Hinblick auf ihre Leitung in personeller und inhaltlicher Hinsicht nicht unabhängig. Sie seien gezwungen, die von der Redaktion gelieferten Themen aufzunehmen. Eigene Entscheidungsmöglichkeiten für eine Themensetzung hätten sie nicht. Die Verlage seien auch bei der Annahme von Anzeigen nicht frei. Alle personellen Angelegenheiten würden für sämtliche Verlage im Großraum K von einer Mitarbeiterin einer der beiden Geschäftsführer der Rh erledigt. Der Geschäftsführer der Beklagten habe einen Arbeitsplatz nicht nur bei der Beklagten, sondern auch beim B .
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20.09.2018 nicht zum 31.03.2019 sein Ende finden wird,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände sein Ende finden wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da es sich bei ihr um einen Kleinbetrieb auch unter Berücksichtigung des V als Gemeinschaftsbetrieb von 6,5 Arbeitnehmerinnen handele. Mit den weiteren, von der Klägerin genannten Gesellschaften bilde sie keinen Gemeinschaftsbetrieb.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Ta...