Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Beschäftigung. Arbeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
– zum Verfügungsgrund bei Leistungsverfügungen.
– zur Wirksamkeit formularmäßiger Freistellungsklauseln.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; BGB § 307
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 16.02.2005; Aktenzeichen 9 (1) Ga 215/04) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.02.2005 – 9 (1) Ca 215/04 – wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Verfahren einer einstweiligen Verfügung um einen Beschäftigungsanspruch.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.02.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 28.02.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.03.2005 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und greift das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen an.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.02.2005 – 9 (1) Ga 215/04 – abzuändern und dem Berufungsbeklagten aufzugeben, zwecks zur Vermeidung eines vom Gericht festgesetzten Zwangsgeldes bis zu 25.564,59 Euro bzw. Zwangshaft gegen den gesetzlichen Vertreter des Antragsgegners die Berufungsklägerin bis zum 30.06.2005 entsprechend der bisherigen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes weiterhin als Büroleiterin zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Erlass der einstweiligen Verfügung bereits am Verfügungsgrund scheitern lassen.
Sowohl eine einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO als auch eine solche nach § 940 ZPO setzen einen Verfügungsgrund, d. h. die Darlegung und Glaubhaftmachung der besonderen Eilbedürftigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus sonstigen Gründen voraus. Die bloße Unwiederbringlichkeit der verflossenen Zeit stellt keinen Notstand dar. Denn dann könnten sehr viele Verfahren ohne die gesetzlich vorgesehene Darlegung des Verfügungsgrundes immer durch einstweilige Verfügung im vereinfachten summarischen Verfahren statt des Hauptsacheverfahrens entschieden werden (vgl. LAG Hamm, 18.02.1998 – 3 Sa 297/98 – MDR 1998, 1036). Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass gerade bei einer wie im vorliegenden Fall begehrten Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung bei Erlass derselben in dem summarischen Verfahren der Arbeitgeber wegen des späteren Zeitablaufs genauso wenig Möglichkeit hat, im Hauptsacheverfahren die vollzogene einstweilige Verfügung rückgängig zu machen. Allein die nicht rechtzeitige Durchführbarkeit des Hauptsacheverfahrens kann daher nicht den Verfügungsgrund ersetzen. Umgekehrt muss allerdings die Möglichkeit der rechtzeitigen Durchführung des Hauptsacheverfahrens jedem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen.
Für einstweilige Verfügungen gelten nach Auffassung der erkennenden Kammer im Übrigen zum Verfügungsgrund folgende Grundsätze, die sie in der Entscheidung vom 14.06.1996 – 4 Sa 177/96 – NZA 1997, 327 ff. ausführlich dargelegt hat:
Bei der Feststellung, ob eine einstweilige Verfügung „zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint” (§ 940 ZPO), hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Dabei kann es nicht ohne jegliche Berücksichtigung der materiellen Rechtslage allein darauf ankommen, welcher Partei die größeren Nachteile erwachsen würden, noch kann es – will man nicht die besonderen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung gänzlich hinweg interpretieren – richtig sein, die Notwendigkeit der einstweiligen Befriedigung des Gläubigers schon daraus zu folgern, dass die nicht termingerechte Erfüllung einen endgültigen Rechtsverlust bedeutet. Eine solche Auffassung übersieht insbesondere, dass die Befriedigung des Gläubigers in diesen Fällen eben nicht „einstweilig” ist, sondern endgültig. Richtig ist es demgegenüber, in die für die einstweilige Verfügung gebotene Interessenabwägung sowohl die in Betracht kommenden materiellrechtlichen und vollstreckungsrechtlichen Erwägungen als auch die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen für beide Parteien einzubeziehen.
Dieses bedeutet, dass bei einer schwierigen und ungeklärten Rechtslage die Anforderungen an den Verfügungsgrund erhöht sind und dass bei einer in hohem Maße zweifelhaften Rechtslage regelmäßig keine einstweilige Verfügung ergehen kann. Umgekehrt braucht dann, wenn die Rechtslage ins...