Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertrag Einzelhandel: Sammelkasse

 

Leitsatz (amtlich)

Tätigkeit an einer „Sammelkasse” mit der Konsequenz einer Belastungszulage zur Gehaltsgruppe I des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel NRW (gültig ab 01.04.1991) liegt erst dann vor, wenn zu der (einfachen) Kassiertätigkeit eine kassenübergreifende Zentralfunktion hinzutritt. Sind an einer Kasse ebenso wie an allen übrigen (gleichgeordneten) Kassen eines Kaufhauses die Kaufpreise für alle „Abteilungen” (Warengruppen/„Fachbereiche”) des Hauses zu kassieren und Aufgaben wie Quittungserteilung, Annahme eines Euroschecks oder Kreditkarten und Abwicklung von Personalkauf zu erledigen, ist das für die Annahme einer „Sammelkasse” im Tarifsinne ohne Bedeutung.

 

Normenkette

TVG § 1; Tarifvertrag: Einzelhandel NRW Gehaltsgruppe I

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 02.11.1994; Aktenzeichen 10 Ca 6429/93)

 

Tenor

1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.11.1994 – 10 Ca 6429/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die inzwischen 63-jährige Klägerin war seit Juni 1974 bei der Beklagten als Kassiererin tätig. Zum 01.07.1994 schied die Klägerin aus, und sie bezieht seit diesem Zeitpunkt Rente.

Die Klägerin war in der Filiale … in Köln beschäftigt. Eingesetzt wurde sie an der Kasse 6. An den Kassen im Warenhaus der Beklagten werden alle Warengruppen kassiert. Alle Kassen sind befugt, Quittungen auszustellen. Es handelt sich um Scanner-Kassen. Die Waren sind zudem mit Preisen ausgezeichnet. Bei Unsicherheiten wendet sich die Kassiererin an die Aufsicht. An der Kasse Nr. 6 werden überwiegend Waren aus den Bereichen Radio, Phono, Spielwaren, Haushaltswaren, Geschenkartikel, Schreibwaren und Süßwaren abkassiert.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag Einzelhandel NRW und die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung.

Kassierertätigkeiten sind sowohl in den Gehaltsgruppen I und II des einschlägigen Gehaltstarifvertrages geregelt. In Gehaltsgruppe I „Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit” wird als Regelbeispiel „Kassierer mit einfacher Tätigkeit” aufgeführt. Gehaltsgruppe II erfaßt Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordern. Hierzu gehören nach dem Regelbeispiel „Kassierer mit gehobener Tätigkeit”. In der Gehaltsgruppe III werden Kassenaufsichten als Beispiel angeführt. Seit dem 01.04.1991 gibt es in der Gehaltsgruppe I eine Belastungszulage von DM 50,– im Monat bei ständiger Tätigkeit an Sammel- oder Check-out-Kassen.

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin rückwirkend die Zahlung dieser Belastungszulage für den Zeitraum November 1992 bis Juni 1994. Ihre Forderung hatte sie mit Schreiben vom 13.05.1993 erstmals geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, Sammelkassen seien alle Kassen, an denen abteilungsübergreifend Waren abkassiert würden. Für das Tatbestandsmerkmal Sammelkasse sei unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs, Eingruppierung in Tarifgruppe I, ausreichend, daß Waren aus mehr als einem Fachbereich abkassiert würden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.000,– brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 08.08.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klägerin mit der Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine Sammelkasse liege nur dann vor, wenn neben der reinen Kassierertätigkeit noch weitere Aufgaben wahrgenommen würden, z.B. Umtauschvorgänge, Reklamationen etc. Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg und des Bundesarbeitsgerichts zum Einzelhandelstarifvertrag, Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 09.04.1987, 4 b Sa 124/96 und BAG vom 09.12.1987, 4 AZR 461/87.

Das Arbeitsgericht Köln hat nach Einholung von Tarifauskünften mit dem am 02.11.1994 verkündeten Urteil – 10 Ca 6429/93 – die Klage auf Kosten der Klägerin abgewiesen und den Streitwert auf 1.000,– DM festgesetzt. In den Entscheidungsgründen des Urteils, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 89–95 d.A.), hat das Arbeitsgericht im wesentlichen festgestellt: Die Kassiertätigkeit der Klägerin erfülle nicht das Merkmal der Tätigkeit an einer Sammelkasse. Für den Begriff „Sammelkasse” gebe es keine einheitliche Definition der Fachkreise, er sei unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauches nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang auszulegen. Verstehe man unter einer Sammelkasse im Sinne einer Zentralkasse eine über die einzelne Abteilungskasse des Warenhauses hinausgehende Kasseneinrichtung, dann müsse letztlich aus dem Tarifgefüge bestimmt werden, welche zusätzlichen Aufgaben an der Sammelkasse wahrgenommen werden. Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des LAG Baden-Württemberg und des BAG könnten nur begrenzt herangezogen werden, weil das tarifliche Gehaltsgefüge in Nordrhei...

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