Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Vertretung. vorübergehender Mehrbedarf. Haushalt
Leitsatz (amtlich)
Eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG verlangt die positive Prognose des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, dass mit hinreichender Sicherheit der Bedarf für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers nach dem vorgesehenen Vertragsende nicht mehr besteht. Allein die Abhängigkeit von Haushaltsmitteln rechtfertigt die Befristung nicht.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 3, 7
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 16.12.2010; Aktenzeichen 8 Ca 11874/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.12.2010 – 8 Ca 11874/09 – abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 10.02.2008 zum 31.12.2009 geendet hat.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.12.2009 hinaus bis zur Rechtskraft der Entscheidung zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß dem Arbeitsvertrag vom 10.12.2008 als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede.
Die 1964 geborene Klägerin ist seit dem 07.11.2000 auf Grund mehrerer unterschiedlich befristeter Verträge mit Unterbrechungen bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt ist sie durchgängig seit dem 01.03.2006 bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage dieser Tätigkeit war zunächst ein bis zum 30.11.2006 befristeter Vertrag, der bis zum 31.03.2008 als Vertretung für eine in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin und sodann bis zum 31.12.2008 als sogenannte Haushaltsbefristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG verlängert wurde. Daran unmittelbar anschließend schlossen die Parteien am 10.12.2008 den streitgegenständlichen vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 befristeten Arbeitsvertrag, der ausweislich eines von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Vermerks zum befristeten Arbeitsvertrag mit der Vertretung einer anderweitig beauftragten Stelleninhaberin (§ 14 Abs. 1 Nr. TzBfG) begründet wird. Mit diesem Vertrag wird die Klägerin als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in der Tätigkeitsebene IV bei einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 2.994,00 EUR eingesetzt.
Mit ihrer am 23.12.2009 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf den 31.12.2009.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers sei nur dann ein gesetzlicher Befristungsgrund, wenn ein anderer Beschäftigter aus in seiner Person liegenden Gründen vorübergehend vollständig an der Arbeitsleistung verhindert sei, wie dies etwa bei Krankheit, Urlaub, Entsendung ins Ausland, Wehr-/Ersatzdienst, Beschäftigungsverboten nach dem MuSchG sowie betriebsverfassungsrechtlich oder personalvertretungsrechtlich begründeten Freistellungen der Fall sei. Der als Sachgrund anerkannte Vertretungsfall setze dabei immer den „Ausfall” einer Stammkraft voraus, was bei der Vertretung eines mit anderen Aufgaben beauftragten Mitarbeiters nicht der Fall sei.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 31.12.2009 hinaus zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom August 2007 als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die streitgegenständliche Befristung mit der vorübergehenden Beauftragung der eigentlichen Stelleninhaberin Frau M mit anderen Tätigkeiten begründet, die ihrerseits planmäßig Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in der Tätigkeitsebene IV ist.
Zum Hintergrund hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, den Arbeitsagenturen seien ab dem 01.01.2008 befristet bis zum 31.12.2009 Ausgabeermächtigungen im Rahmen des Programms WeGebAU (Weiterbildung geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen) zur Verfügung gestellt worden, um sogenannte Weiterbildungsberater, die aus den vorhandenen hierfür geeigneten Mitarbeitern rekrutiert werden sollten, einzusetzen. Die Arbeitsagentur in B habe eine einzige solche Ausgabeermächtigung erhalten. Vor dem Hintergrund dieser haushälterisch zugewiesenen Beauftragungsmöglichkeit sei beabsichtigt gewesen, Frau M bis zum 31.12.2009 als Weiterbildungsberaterin zu beschäftigen. Anschließend habe sich auf ihre Stelle als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben zurückkehren sollen. Tatsächlich habe Frau M diese Funktion als Weiterbildungsberaterin ab dem 01.05.2008 ausgeübt und sei ab dem 01.08.2008 auch entsprechend förmlich beauftragt worden. Im Zusammenhang mit der Einführung neuer Teamstrukturen im Zuge des Personalhaushalts 2009 sei die Funktion der Weiterbildungsberaterin dann wieder aufgehoben und Frau...