Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsanwartschaft. Unverfallbarkeit. Insolvenzschutz. Betriebsrente. Anrechnung von Vorzeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Insolvenzschutz muss nach § 7 Abs. 2 BetrAVG für Betriebsrentenanwartschaften nur dann gewährleisten, wenn diese die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit – früher § 1 BetrAVG, jetzt § 1 b bzw. 30 f BetrAVG – originär erfüllen.

Vertragliche Anrechnung von Vordienstzeiten können grundsätzlich keinen Insolvenzschutz begründen. Das gilt auch, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Anrechnung durch Bestimmung eines fiktiven Einstellungstermins vornehmen.

Ausnahmsweise kommt eine Anrechnung dann in Betracht, wenn die Vordienstzeit unmittelbar an das Beschäftigungsverhältnis heranreicht und selbst von einer Versorgungszusage begleitet war. In diesem Fall muss sich die Anrechnung ausdrücklich auf diese Vordienstzeit beziehen.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1, 1b, 7, 30 f.

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 04.09.2002; Aktenzeichen 3 Ca 8478/01)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.09.2002 – 3 Ca 8478/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um betriebliche Altersversorgung.

Der Kläger war ab dem 16.05.1960 bei der A beschäftigt. Zum 01.10.1960 trat er zur 100 %igen Tochtergesellschaft T über. Der Kläger war in die für alle Mitarbeiter geltende Unterstützungskassenregelung einbezogen. In einer schriftlichen Dienstzeiterklärung vom 10.01.1961 teilte die T dem Kläger mit, dass als Stichtag für die Errechnung seiner Dienstzeit der 16.05.1960 gelte. Das Arbeitsverhältnis endete zum 28.02.1967.

Vom 01.03.1967 bis zum 15.06.1969 war der Kläger für die E tätig. Dort war er in die Unterstützungseinrichtung der S einbezogen. Zum 16.06.1969 wechselte der Kläger zum C. Bezüglich des dort geltenden „Pensions-Vertrages des Hauses B” erhielt der Kläger die Sonderzusage, dass die Wartezeit von 10 Jahre auf 5 Jahre verkürzt werde.

Unmittelbar nach seinem Ausscheiden bei B wechselte der Kläger am 01.04.1971 wieder zur A. Im Rahmen des Anstellungsvertrages erklärte sich die A „ausnahmsweise bereit, bei Ihrem Wiedereintritt Ihre frühere A T Dienstzeit vom 16.05.1960 bis 28.02.1967 sofort anzurechnen, so dass sich als fiktiver Eintrittstermin der 16.06.1964 ergibt.”

Der Kläger schied bei der A mit Ablauf des 31.03.1980 aus. Ihm wurde mit Schreiben vom 11.04.1980 eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft in Höhe von DM 1.141,85 mitgeteilt, die eine Betriebszugehörigkeit ab dem fiktiven Eintrittsdatum 16.06.1964 berücksichtigte.

Am 31.10.1982 wurde ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses über das Vermögen der A eröffnet und der Beklagte übernahm im Rahmen des späteren Vergleiches sämtliche Ansprüche der Mitarbeiter auf Betriebsrente und unverfallbare Versorgungsanwartschaften mit einer Quote von 60 %, während bei der A aufgrund der Vergleichsquote 40 % dieser Ansprüche verblieben.

Mit Vollendung seines 65. Lebensjahres, beginnend mit dem 01.04.2001, erhält der Kläger von der Nachfolgegesellschaft der A ausgehend von einer Betriebsrente in Höhe von insgesamt DM 1.134,20 einen Anteil von 40 %, also DM 453,68 brutto monatlich.

Der Beklagte lehnte seine Einstandspflicht für die weiteren 60 % der Betriebsrente ab, da nach seiner Ansicht keine insolvenzgeschützte Versorgungsanwartschaft nach § 7 Abs. 2 BetrAVG entstanden sei.

Mit seiner am 03.09.2001 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage verlangte der Kläger von dem Beklagten den 60 %igen Betriebsrentenanteil. Er hat geltend gemacht, unter Berücksichtigung des fiktiven Eintrittsdatums „16.06.1964” bis zu seinem Austritt Ende März 1980 sei eine unverfallbare Anwartschaft entstanden. Die angerechneten Vorzeiten seien ausnahmsweise insolvenzgeschützt, da sie unmittelbar an das Arbeitsverhältnis zur A T heranreichten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.09.2002 abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Weder in seinem ersten noch in seinem zweiten Arbeitsverhältnis bei der A seien durch tatsächliche Betriebszugehörigkeit die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrAVG erfüllt. Die vom Arbeitgeber bei Wiedereinstellung vorgenommene Anrechnung der Vordienstzeiten (16.05.1960 bis 28.02.1967) genieße als arbeitsvertraglich begründete Unverfallbarkeit keinen Insolvenzschutz nach § 7 Abs. 2 BetrAVG.

Der Kläger könne sich auch nicht auf den von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmetatbestand der Anrechnung von Vorzeiten berufen, wenn die Arbeitsverhältnisse unmittelbar aufeinander folgen und auch das erste Arbeitsverhältnis von einer Versorgungszusage begleitet war. Diese Konstellation läge gerade nicht vor.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 43 bis 51 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 05.02.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger unter dem 27.02.2003 Berufun...

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