Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung wegen Schlechtleistung. Auflösungsantrag. leitender Angestellter

 

Leitsatz (amtlich)

1) Für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Schlechtleistung ist grundsätzlich eine vorangegangene einschlägige Abmahnung erforderlich.

2) Auch Betriebsleiter sind nur dann leitende Angestellte i. S. d. § 14 II KSchG, wenn sie zu selbständigen Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern berechtigt sind und diese Befugnis die Stellung des Betriebsleiters wesentlich prägt.

3) Einstellungen und Entlassungen im vorgenannten Sinn liegen auch dann vor, wenn der Betriebsleiter über die Verlängerung oder Nichtverlängerung von Vertragsbefristungen entscheidet.

4) Besteht eine Weisung gegenüber dem Betriebsleiter, dass die von ihm gefällten Personalentscheidungen durch eine zentrale Personalabteilung zu verschriftlichen sind, so spricht dies nicht gegen den Status eines leitenden Angestellten, solange die Personalabteilung nicht in der Sache interveniert.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 9, 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 27.01.2005; Aktenzeichen 1 Ca 6869/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.01.2005 – 1 Ca 6869/04 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wird zum 31.07.2004 aufgelöst und die Beklagte wird verurteilt an den Kläger eine Abfindung zu zahlen in Höhe von 8.000,00 EUR.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung für 30 Tage Urlaub in Höhe von 6.000,00 EUR brutto zu zahlen.
  3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in erster Linie um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und im Hinblick auf einen Auflösungsantrag der Arbeitgeberin um die Frage, ob der Kläger ein leitender Angestellter war.

Der Kläger ist seit dem 01.10.2003 bei der Beklagten als Marktmanager beschäftigt, zuletzt seit dem 01.01.2004 im t in B. Nach den Angaben der Beklagten standen dem Kläger einschließlich aller Sonderzahlungen und Vergünstigungen ein vertragliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 8.000,00 EUR zu. „t” ist eine Zweigniederlassung der R (der Beklagten). Allein in dieser Zweigniederlassung sind ca. 10.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. An der Spitze der Zweigniederlassung stehen der kaufmännische Leiter und regionale Verkaufsleiter. Es existiert eine zentrale Personalabteilung mit 9 Arbeitnehmern. In der Arbeitsvertragsurkunde wird der Kläger ausdrücklich als leitender Angestellter bezeichnet. Gegenstand des Arbeitsvertrages ist die vom Kläger unterzeichnete Tätigkeitsbeschreibung (Bl. 53 d. A.). Dort heißt es unter Ziffer 1 u. a.:

„…Der Marktmanager trägt die Gesamtverantwortung für seinen Markt, dies schließt auch die von der Niederlassungsleitung übertragenen Arbeitgeberverpflichtungen ein…”

Unter Ziffer 4.2 heißt es u. a.:

„– …

  • Er ist direkter Vorgesetzter aller Marktmitarbeiter.

    Disziplinarverfahren bei Marktleitern sind mit den Verkaufsleitern abzustimmen.

  • Er plant/veranlasst
  • die Beschaffung von Personal
  • Er führt durch
  • die Einstellung von Personal
  • Kündigungen unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und internen Anweisungen
  • …”

Auf den gesamten Inhalt des Arbeitsvertrages und der Tätigkeitsbeschreibung wird Bezug genommen. Der Markt, in dem der Kläger zuletzt eingesetzt war, hat 5.000 qm. Unter dem Kläger waren 98 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Der Markt hat einen Jahresumsatz von ca. 15 Mio. EUR. Hier ist ein Betriebsrat gewählt, dem gegenüber der Kläger als Arbeitgeber auftrat.

Jedenfalls im Hinblick auf geringfügig Beschäftigte ist unstreitig, dass der Kläger befugt war, ohne Beteiligung Dritter, insbesondere ohne Beteiligung der Personalabteilung, Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Von dieser Befugnis hat der Kläger in den 6 Monaten seiner Tätigkeit in B jedenfalls im Hinblick auf die Beschäftigten K durch deren Einstellung Gebrauch gemacht. Hinsichtlich des geringfügig beschäftigten K liegt eine vom Kläger unterzeichnete Austrittsmeldung an die Personalabteilung vor, Einzelheiten hierzu sind streitig. Im übrigen kam es während der besagten 6 Monate zu personellen Maßnahmen hinsichtlich folgender (nicht geringfügig) Beschäftigten: M, M, M, M und S. An all diesen Maßnahmen war der Kläger beteiligt, wobei Einzelheiten streitig sind insbesondere die Frage, ob die Personalabteilung dem Kläger Entscheidungen vorgeben oder gar Vorschläge des Klägers zu Einstellungen und Entlassungen zurückweisen kann. Zu solchen Interventionen der Personalabteilung ist es in den 6 Monaten jedenfalls nicht gekommen. M sind nach Ablauf einer Vertragsbefristung ausgeschieden. Mit Schreiben vom 12.03.2004 (Bl. 204 d. A.) teilte der Kläger der Personalabteilung wörtlich und mit entsprechender Unterstreichung mit: „Der M...

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