Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
freier Mitarbeiter. arbeitnehmerähnliche Person. Annahmeverzug
Leitsatz (amtlich)
1. Der nach fünfzehnjähriger Beschäftigung einsetzende tarifliche Bestandsschutz eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses (hier eines Sprechers und Übersetzers) bei einer Rundfunkanstalt führt nicht zu einem umfassenden Inhaltsschutz hinsichtlich Beschäftigung und Vergütung. Die Beschäftigung kann wesentlich eingeschränkt, aber nicht „auf Null” reduziert werden.
2. Der Mindestumfang von Beschäftigung und Vergütung ist durch Tarifauslegung bestimmbar. Daran haben sich auch die Annahmeverzugsansprüche zu orientieren.
Normenkette
Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle (aäPTV) § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 25.06.1997; Aktenzeichen 3 Ca 1748/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.06.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 3 Ca 1748/97 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Honorare in Höhe von 69.710,23 DM brutto nebst 9,75 % Zinsen seit dem 01.04.1996 zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten wird im übrigen ebenso wie die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Honoraransprüche für Zeiten der Nichtbeschäftigung als freier Mitarbeiter aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.
Der aus Jordanien stammende Kläger besitzt seit dem 11.08.1992 die deutsche Staatsbürgerschaft und ist Mitglied der IG Medien. Seit Dezember 1976 war er als Sprecher und Übersetzer im arabischen Dienst der Nah- und Mittelost-Redaktion der beklagten Rundfunkanstalt tätig. Die Beklagte vergütete seine Arbeitseinsätze aufgrund des Honorartarifvertrages. Die Honorare lagen in 1978 bei ca. 34.000,– DM, in 1982 bei rund 36.000,– DM und in den Folgejahren bei rund 60.000,– DM. In den Jahren 1990 und 1991 steigerten sich die Honorare auf etwas mehr als 80.000,– DM, im Jahr 1992 auf mehr als 92.000,– DM, während sie in 1993 wieder bei rund 80.000,– DM lagen.
Die Parteien führten bereits im Jahre 1982 vor dem Arbeitsgericht Köln einen sogenannten Statusprozeß. Mit Urteil vom 28.09.1982 stellte das Arbeitsgericht Köln fest, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Die Beklagte bot dem Kläger sodann aufgrund des rechtskräftigen Statusurteils eine Beschäftigung im Anstellungsverhältnis an. Nachdem der Kläger jedoch erkannt hatte, daß aufgrund der Vergütungsgruppe und des ihm angebotenen Gehaltes die Zahlung von Honoraren für ihn weitaus günstiger war, bat er um Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Daraufhin kam es unter dem 07./08.07.1983 zu einem Aufhebungsvertrag (Kopie Bl. 245 d.A.). Darin wird die Zusammenarbeit „auf der Basis freier Mitarbeit fortgesetzt”. In dem Aufhebungsvertrag heißt es auch:
„Die Parteien stimmen überein, daß das gerichtlich festgestellte Arbeitsverhältnis einvernehmlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum 05.05.1982 (Klageeinreichung) aufgehoben wird.”
Als die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger am 01.06.1994 fristlos und mit Schreiben vom 23.08.1994 hilfsweise fristgerecht kündigte, erhob der Kläger hiergegen Klage und beantragte festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei. Das Arbeitsgericht Köln stellte daraufhin mit Urteil vom 21.02.1995 – 1 Ca 5585/94 – lediglich fest, „daß das Rechtsverhältnis der Parteien” nicht aufgelöst worden sei. Auf ein Arbeitsverhältnis könne der Kläger sich nicht berufen. Die hiergegen gerichteten Berufungen der Parteien wurden mit Urteil des LAG Köln vom 30.08.1995 – 2 Sa 578/95 – zurückgewiesen (Kopie Bl. 76 ff d.A.). In dem vom Kläger betriebenen Revisionsverfahren ging es nurmehr um die Frage, ob er sich für die Zeit vom Aufhebungsvertrag (08.07.1983) bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (30.08.1995) darauf berufen konnte, Arbeitnehmer der Beklagten zu sein bzw. gewesen zu sein. Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision mit Urteil vom 11.12.1996 – 5 AZR 855/95 – zurück, indem es erkannte, daß der Kläger sich wegen Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB) gegenüber der Beklagten nicht darauf berufen könne, zu ihr in einem Arbeitsverhältnis gestanden zu haben.
Bereits unter dem 15.07.1993 hatte die Beklagte dem Kläger eine Einschränkungsmitteilung gemäß Ziffer 5.2 des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen der Deutschen Welle (aäPTV) zukommen lassen. Darin teilte sie dem Kläger mit, daß sie nach dem 31.07.1994 nicht mehr in der Lage sei, ihn als freien Mitarbeiter im bisherigen Umfang zu beschäftigen. In der Zeit vom 15.11.1993 bis zum 22.05.1995 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Ab Oktober 1995 wurde er dann mit Arbeiten in geringerem Umfang ...