Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG trifft den anspruchsstellenden Arbeitnehmer.
2. Diesen trifft - sofern bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit ein erneuter Anspruch geltend gemacht wird - auch die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit und eine zwischenzeitliche Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit.
3. Das Risiko, nicht mehr feststellen zu können, ob eine neue Erkrankung bereits während einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, trifft daher den anspruchsstellenden Arbeitnehmer.
Normenkette
EFZG § 3 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 27.04.2016; Aktenzeichen 2 Ca 2137/15) |
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.04.2016, 2 Ca 2137/15, abgeändert.
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus ihrem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der am 1954 geborene Kläger war vom 20.03.1978 bis zum 30.11.2015 bei der Beklagten als Rohrnetzmonteur beschäftigt.
Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 3.566,25 €.
Der Kläger litt zuletzt unter diversen gesundheitlichen Einschränkungen. Die Parteien führten einen Rechtsstreit, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen aus dem Bereitschaftsdienst herausgenommen werden wollte. Dieser Rechtsstreit endete durch Prozessvergleich vor dem Landesarbeitsgericht Köln vom 17.12.2014, mit dem die Parteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2015 vereinbarten.
Nach Abschluss dieses Vergleiches hat der Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.11.2015 noch an vier Tagen seine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht (18.12.2014, 26. und 27.01.2015 sowie 13.03.2015). Im Übrigen hat der Kläger an 11 Tagen Urlaub in Anspruch genommen und war die restliche Zeit arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Schreiben vom 08.05.2015 (Anlage B 1, Bl. 76 d. A.) teilte die Krankenkasse des Klägers, die m Betriebskrankenkasse, der Beklagten mit, dass aufgrund beklagtenseitig geäußerter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt habe, eine Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit durchzuführen. Hierbei seien die beratenden Ärzte des Medizinischen Dienstes mit Gutachten vom 24.04.2015 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger "ohne Zweifel auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig" sei.
Unter dem 29.05.2015 erteilte der behandelnde Hausarzt des Klägers, der Zeuge Dr. R K , dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung, mit der eine Arbeitsunfähigkeit zunächst voraussichtlich bis einschließlich 12.06.2015 bestätigt wurde (ArbeitsunfähigkeitsbescheinigungBl. 88 d. GA).
Am 12.06.2015 erteilte Herr Dr. K dem Kläger eine Folgebescheinigung bis einschließlich 30.06.2015. Eine weitere Folgebescheinigung wurde bis einschließlich 03.07.2015 ausgestellt.
Am Freitag, 03.07.2015, erteilte Herr Dr. K dem Kläger eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse für den Krankengeldbezug, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 7 d. GA). Hiernach soll Arbeitsunfähigkeit seit dem 03.07.2015 voraussichtlich bis zum 03.07.2015 bestehen.
Für das darauffolgende Wochenende (Samstag 04.07. und Sonntag 05.07.2015) liegt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.
Ab Montag, 06.07.2015, stellte Herr Dr. K dem Kläger eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung aus, zunächst bis voraussichtlich einschließlich 17.07.2015 (Anlage 3 zur Klageschrift, Bl. 8 d. GA), später verlängert bis einschließlich 31.07.2015.
Für den Zeitraum ab 03.08.2015 bis einschließlich 25.08.2015 erteilte Herr Dr. K am 04.08.2015 dem Kläger eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung (Anlage 5 zur Klageschrift, Bl. 10 d. A.).
Eine vorherige Mitteilung des Klägers gegenüber der Beklagten dahingehend, dass er ab Montag, 06.07.2015 bzw. ab Montag, 03.08.2015 voraussichtlich wieder arbeitsfähig sein werde, ist nicht erfolgt.
Mit Geltendmachungsschreiben vom 13.08.2015 (Anlage 6 zur Klageschrift, Bl. 11/12 d. GA) begehrte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte von der Beklagten Entgeltfortzahlung ab dem 06.07.2015 mit der Begründung, die bisherige Arbeitsunfähigkeit sei - wie von Herrn Dr. Kandler unter diesem Datum bescheinigt - mit dem 03.07.2016 beendet gewesen und er sei ab dem 06.07.2015 aufgrund einer anderen Erkrankung als zuvor arbeitsunfähig erkrankt.
Eine Entgeltfortzahlung durch die Beklagte erfolgte nicht.
Daraufhin hat der Kläger am 12.10.2015 die vorliegende Klage beim Arbeitsgericht Siegburg erhoben und mit dieser zunächst einen Betrag in Höhe von 8.229,80 Euro eingeklagt. Hierbei hat der...