Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags. Tarifliches Verständnis zur Begrifflichkeit "Summe der Entgelte"
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen.
2. Die Auslegung der Ziffer 3.1 Satz 2 UTV nach Wortlaut, Sinn und Zweck, Systematik und Entstehungsgeschichte führt zu dem Ergebnis, dass von "Summe der Entgelte" auch Wiederholungsvergütungen bzw. Wiederholungshonorare erfasst werden.
Normenkette
BUrlG § 11
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 03.12.2021; Aktenzeichen 1 Ca 3376/21) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.12.2021 - 1 Ca 3376/21 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auslegung einer tariflichen Regelung zur Berechnung der Urlaubsvergütung für arbeitnehmerähnliche Personen bei der Beklagten.
Die Beklagte ist verfasst als gemeinnützige Körperschaft des öffentlichen Rechts und veranstaltet drei nationale Rundfunkprogramme. In ihrer heutigen Form existiert sie seit 1994 aus einem Zusammenschluss des ehemaligen R -Rundfunk, des D K und des in K ansässigen Deutschlandfunks.
Gemäß "Tarifvertrag zur Harmonisierung bestehender tarifvertraglicher Vorschriften für freie Mitarbeiter an beiden Standorten des Deutschlandradio, der bis zum Abschluss neuer tarifvertraglicher Regelungen gelten soll" vom 22.09./8.10./07.11.1995 wurde der Geltungsbereich des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen im Deutschlandfunk vom 09.06.1978 in seiner letzten Fassung mit Wirkung vom 01.01.1995 sowie die Durchführungstarifverträge zum Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen (Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen im Deutschlandfunk vom 09.06.1978 in der Fassung vom 01.01.1989 sowie Tarifvertrag über Zahlungen bei Schwangerschaft vom 18.06.1982) auf das Deutschlandradio insgesamt ausgedehnt. Ebenso wurde der Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Urheberrechte arbeitnehmerähnlicher Personen bei R vom 10.12.1986 sowie des Tarifvertrages für auf Produktionsdauer Beschäftigte bei R vom 10.12.1986 mit Wirkung vom 01.01.1995 auf das Deutschlandradio insgesamt ausgedehnt. Zudem wurde der Geltungsbereich des Vergütungstarifvertrages für freie Mitarbeiter des Deutschlandfunks (Honorarrahmen) vom 04.09.1979 in seiner letzten Fassung zum 01.07.1995 auf das gesamte Deutschlandradio ausgedehnt mit der Maßgabe, dass soweit der Honorarrahmen des Deutschlandfunks keine entsprechenden Positionen enthält, er durch Positionen des Vergütungstarifvertrages für freie Mitarbeiter des R (Honorarrahmen) in seiner letzten Fassung ergänzt wird.
Der somit geltende Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen im Deutschlandfunk (im Folgenden aäPTV) in der Fassung vom 25.11.2010 hat folgende Bestimmungen:
1. Geltungsbereich
1.1 Dieser Tarifvertrag gilt für arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 12a TVG
1.1.1 für die zwischen ihnen und dem DLF durch Dienst- oder Werkverträge begründeten Rechtsverhältnisse,
1.1.2 für die sich aus der Wiederholung einzelner kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des Tarifvertrags für auf Produktionsdauer Beschäftigte im DLF ergebenden besonderen Dauerrechtsbeziehungen.
1.2 Er regelt mit seinen Durchführungs-Tarifverträgen Mindestbedingungen, die für diese Mitarbeiter wegen ihrer Dauerrechtsbeziehung zum DLF unter den Voraussetzungen der nachstehenden Abschnitte 2 und 3 gelten.
...
2. Wirtschaftliche Abhängigkeit
Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er entweder bei DLF oder bei ihm und anderen Rundfunkanstalten, die zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gehören, mehr als die Hälfte seiner erwerbsmäßigen Gesamtentgelte (brutto und ohne gesonderte Unkostenerstattung) in den letzten sechs Monaten vor Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem Tarifvertrag oder seinen Durchführungs-Tarifverträgen bezogen hat. Sofern ein Mitarbeiter künstlerische, schriftstellerische oder journalistischer Leistungen erbringt oder an der Erbringung, insbesondere der technischen Gestaltung solcher Leistungen, unmittelbar mitwirkt, genügt statt der Hälfte ein Drittel der genannten Entgelte.
3. Soziale Schutzbedürftigkeit
3.1 Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er in dem Erwerbszeitraum von sechs Monaten gemäß Abschnitt 2 mindest...