Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 10.10.1996; Aktenzeichen 6 Ca 7978/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.10.1996 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 6 Ca 798/95 – unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Beklagten abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die schriftliche, fristgerechte Kündigung vom 11.09.1995 zum 29.02.1996 beendet wurde, sondern fortbesteht.
  2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Streitwert: 18.000,00 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine fristlose, „ersatzweise” fristgemäß ausgesprochene Kündigung vom 11.09.1995. Die beklagte GmbH, die Abfallentsorgung betreibt, hat sie dem seit 1981 bei ihr als LKW-Fahrer beschäftigten Kläger ausgesprochen, weil dieser über Vorgesetzte (Einsatzleiter und Disponenten) am 05.09.995 gegenüber dem Betriebsratsmitglied K. geäußert hat, diese würden im Betrieb Schwarzgeschäfte mit für eigene Rechnung aufgestellten Containern betreiben; bei diesem Vorwurf sei der Kläger am folgenden Tag in einem Gespräch mit der Geschäftsleitung im Beisein der Beschuldigten trotz Abmahnung geblieben, obwohl er ihn nach eigenem Bekunden nicht habe beweisen können.

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die fristlose Kündigung betroffen ist, sie aber im übrigen abgewiesen. Beide Parteien haben Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Rechtspositionen weiter verfolgen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die schriftliche, fristgerechte Kündigung vom 11.09.1995 zum 29.02.1996 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Auf Auflage des Gerichts hin hat die Beklagte ihren Sachvortrag wie folgt präzisiert: Der Kläger habe am 05.09.1995 nach Rückkehr von seiner Arbeit gegenüber dem Betriebsratsmitglied K. geäußert, der Einsatzleiter S. und die bei ihr, der Beklagten, tätigen Disponenten würden Geld für schwarz aufgestellte Container kassieren; vermutlich habe er damit Druck ausüben wollen, um seine von ihr abgelehnten Wünsche nach Änderung seiner Arbeitsbedingungen zu unterstreichen. Am selben Tag habe der Kläger den Betriebsratsvorsitzenden H. um die Vermittlung eines Gesprächstermins bei der Geschäftsleitung gebeten. Da der Betriebsratsvorsitzende kurz zuvor von dem Zeugen H. über die Anschuldigungen des Klägers unterrichtet worden sei, habe er angenommen, bei diesem Termin habe es um diese Anschuldigungen gehen sollen. Bei dem so zustande gekommenen Gespräch habe neben dem Kläger Herr Dr. G. von der Geschäftsleitung, der Betriebsratsvorsitzende H., der Einsatzleiter S. und der Disponent D. teilgenommen. Ihnen allen sei die Anschuldigung des Klägers vom Vortag bekannt gewesen. Vieles spreche dafür, daß auf Drängen des Klägers zunächst das Thema „Arbeitsplatz” angesprochen worden sei. Der Kläger sei dann allgemein von Dr. G. gefragt worden, ob an der Anschuldigung „etwas dran” sei, worauf der Kläger diese wiederholt habe. Dr. G. habe erklärt, er – der Kläger – müsse jetzt derartige Anschuldigungen beweisen und konkrete Tatsachen nennen oder sagen, daß er die schweren Anschuldigungen nicht aufrecht erhalte, da durch diese das Klima vergiftet werde. Daraufhin habe der Kläger seine Äußerungen erneut wiederholt. Dr. G. habe erklärt, wenn er jetzt nicht diese Äußerungen zurücknehme und nicht ausdrücklich sage, er werde solche Äußerungen nicht mehr machen, müsse er mit Konsequenzen für seinen Arbeitsplatz rechnen. Der Kläger habe erklärt, er werde bei seinen Äußerungen bleiben und sie nicht zurücknehmen, dann habe er wieder seine Arbeitsplatzsituation angesprochen.

Mit der ihrerseits eingelegten Berufung beantragt die Beklagte,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen;

hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

Berufung und Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in II. Instanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hatte in der Sache Erfolg: Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Diese ist unwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist: § 1 Abs. 1 KSchG. Insbesondere ist sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers derart hinreichend bedingt, daß sie als billigenswert und angemessen erschiene (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG):

Gründe in diesem Sinne sind nicht die vom Kläger gegenüber dem Betriebsrats...

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