Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines Angestellten der Finanzverwaltung, der nicht mit der Steuerfestsetzung und -beitreibung beschäftigt ist (ADV-Trainer) wegen Steuerhinterziehung
Normenkette
BGB § 626; BAT § 54 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.03.2001; Aktenzeichen 19 Ca 9269/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.03.2001 – 19 Ca 9269/00 – abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1947 geborene Kläger, der mit einer kaufmännischen Angestellten verheiratet ist und zwei in Ausbildung befindliche Kinder hat, wird ab 01.08.1990 von dem beklagten Land in der Oberfinanzdirektion D als ADV-Trainer beschäftigt. Bereits vorher war er verschiedentlich im öffentlichen Dienst tätig (zu den Einzelheiten s. Bl. 7 d.A.). Sein Aufgabengebiet bei dem beklagten Land umfasst die Vorbereitung und Durchführung von Grund- und Aufbauschulungen für die Beschäftigten der Oberfinanzdirektion und der Finanzämter des Oberfinanzbezirks in der Standardsoftware. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Inbezugnahme der BAT Anwendung. Der Kläger ist in Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert und bezieht eine Monatsvergütung von etwa 7.500,00 DM.
Für die Jahre 1990 bis 1997 zeigte der Kläger dem beklagten Land als seinem Arbeitgeber Einkünfte aus genehmigter Nebentätigkeit als Übersetzer in Höhe von insgesamt 39.063,00 DM an. In seinen Steuererklärungen für denselben Zeitraum gab er als Nebeneinnahmen aus seiner Tätigkeit als Übersetzer einen Betrag von insgesamt 126.132,00 DM an.
Am 26.03.1999 ordnete das Finanzamt für das Übersetzungsbüro des Klägers eine steuerliche Betriebsprüfung mit Beginn zum 30.04.1999 an. Unter dem 22. und 29.04.1999 erstattete der Kläger Selbstanzeige. Darin meldete er für die Jahre 1995 bis 1997 Mehrumsätze aus Übersetzungstätigkeit in Höhe von 166.443,00 DM nach. Weiterhin gab der Kläger an, er könne für die Jahre 1987 bis 1994 bisher nicht erfasste Zahlungseingänge nicht ausschließen, und erkläre daher für diesen Zeitraum Mehrumsätze von jährlich maximal 30.000,00 DM nach.
Nachdem durch Änderungsbescheide eine vom Kläger für die Jahre 1990 bis 1997 nachzuentrichtende Einkommensteuer von 74.520,00 DM festgestellt worden war, teilte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K dem Kläger mit Verfügung vom 22.05.2000 mit, dass es zunächst vorläufig auf strafbefreiende Selbstanzeige erkenne. Unter dem 06.06.2000 hat der Kläger Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für 1990 bis 1997 eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Schreiben vom 27.07.2000 bat das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K die Oberfinanzdirektion D um Entscheidung, ob die Verfehlungen des Klägers im Hinblick auf § 30 AO (Steuergeheimnis) der für ein Dienstaufsichtsverfahren zuständigen Stelle mitgeteilt werden können. Unter dem 16.10.2000 bejahte die Oberfinanzdirektion ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung des Vorgangs im Sinne von § 30 AO zwecks Einleitung arbeitsrechtlicher Maßnahmen.
Mit Schreiben vom 16.10.2000 hörte die Oberfinanzdirektion Düsseldorf den Personalrat zu einer gegenüber dem Kläger beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung an. In dem Anhörungsschreiben ist erwähnt, dass die zuständige Stelle von einer Selbstanzeige des Klägers im Sinne des § 371 AO ausgehe. Mit Schreiben vom 25.10.2000 ergänzte die Oberfinanzdirektion die Anhörung. Der Personalrat stimmte der Kündigung unter dem 17. bzw. 26.10.2000 zu. Inzwischen hatte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung unter dem 23.10.2000 wegen der Selbstanzeige und fristgerechten Steuernachzahlung endgültig Straffreiheit für den Kläger festgestellt.
Unter dem 26.10.2000 kündigte die Oberfinanzdirektion dem Kläger außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 31.10.2000, hilfsweise ordentlich zum 31.03.2001. Die Kündigung war von dem Regierungsdirektor M. unterzeichnet. Laut Organisationsplan der Landeszentralabteilung der Oberfinanzdirektion ist M. als Referatsleiter Vertreter des Abteilungsleiters in Personalangelegenheiten für Beamte, Angestellte und Arbeiter. Mit Fax vom 27.10.2000 wies der Kläger die Kündigung wegen fehlender Vollmachtsurkunde zurück.
Der Kläger hat die Kündigung für unberechtigt gehalten und gemeint, angesichts seiner Beschäftigungsdauer im öffentlichen Dienst nicht mehr ordentlich kündbar zu sein. Er hat behauptet, seine zunächst nicht deklarierten Nebeneinkünfte stammten aus Übersetzungsarbeiten für das Europaparlament. Von dort habe ihm eine Sachbearbeiterin erklärt, die Einnahmen aus diesen Übersetzungstätigkeiten seien nicht steuerpflichtig. Zwischenzeitlich sei ihm klar geworden, dass er einem Irrtum unterlegen sei. Weiterhin hat er gemeint, sein Arbeitsverhältnis werde durch die unrichtigen Angaben nicht berührt, weil er als ADV-Trainer ohne Außenkontakt zum B...