Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Kündigungsschutz- und Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Rechtzeitigkeit einer Kündigungsschutzklage
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer kann über eine Kündigungsschutzklage hinaus, mit der die Wirksamkeit einer konkreten Kündigung angegriffen wird, allgemein auf Feststellung klagen, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Bei einer solchen allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung evtl. Kündigungen, geprüft. Daher sind alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe zu erörtern.
Normenkette
KSchG § 4 S. 1; BGB § 626 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 19.07.2013; Aktenzeichen 20 Ca 10088/12) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.07.2013 - 20 Ca 10088/12 - teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch durch die Kündigung der Beklagten vom 17.12.2012 nicht aufgelöst worden ist.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei durch die Beklagte ausgesprochenen Kündigungen.
Die Beklagte ist die deutsche Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts und Teil der Unternehmensgruppe B . In dem von der Beklagten betriebenen Importlager West werden Logistikarbeiten für verschiedene Fachzentren der Unternehmensgruppe wahrgenommen. Die Beklagte beschäftigt in dem Betrieb in F insgesamt 79 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat besteht nicht.
Der am 1971 geborene Kläger war seit dem 17.08.1998 bei der Beklagten als Lagerarbeiter/Kommissionierer im Importlager West tätig.
Am 21.11.2013 war der Kläger gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen B bei der in B geschäftsansässigen T GmbH, um dort Inventuraufträge wie das Vermessen und Abwiegen von Artikeln für die Beklagte vorzunehmen. Dabei unterhielt sich der Kläger in einer Arbeitspause auch mit Arbeitnehmern der T . Die Beklagte wirft dem Kläger vor, einer Reihe von Mitarbeitern der T durch die Erklärung verunsichert zu haben, die Geschäftsbeziehungen mit der T werde in der nächsten Zeit beendet.
Mit Schreiben vom 10.12.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Ausweislich einer Bestätigung der Firma G wurde das Schreiben am 12.12.2012 um 7.35 Uhr in den Briefkasten der Wohnung R 9 in Be geworfen. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Kläger, der mittlerweile von seiner Ehefrau getrennt lebt, nach seiner Darlegung nicht dauernd in dieser Wohnung auf, so dass er von der Kündigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren habe.
Der Kläger arbeitete nach Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 10.12.2012 zunächst im Betrieb der Beklagten weiter.
Mit Schreiben vom 17.12.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin. Dieses Kündigungsschreiben wurde dem Kläger am 19.12.2012 um 10:00 Uhr in den häuslichen Briefkasten eingeworfen.
Mit seiner am 21.12.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift vom selben Tage macht der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 10.12.2012 geltend. Dem angekündigten Kündigungsschutzantrag war der Halbsatz "... und das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht" angefügt. Mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 25.01.2013, beim Arbeitsgericht am selben Tage eingegangen, hat der Kläger die Klage insoweit erweitert, als dass auch die Unwirksamkeit der Kündigung vom 17.12.2012 festgestellt werden solle. In diesem Schriftsatz heißt es:
" (...) wird ergänzend zur Klageschrift vorgetragen, dass der weite Teil des dort gestellten Feststellungsantrags sich nicht nur auf die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2012 bezieht, sondern ein allgemeiner Feststellungsantrag ist, der auch mögliche weitere Kündigungen abdecken soll. Dieser Feststellungsantrag wurde in den Klageantrag aufgenommen, weil weitere Kündigungen durch den Arbeitnehmer zu befürchten waren.
Diese Befürchtung hat sich in der Zwischenzeit bewahrheitet."
Der Kläger hat bestritten, geschäftsschädigende Äußerungen über die Beklagte gemacht zu haben.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2012 sowie die Kündigung vom 17.12.2012 nicht aufgelöst ist und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, am 06.12.2012 habe sich ein Mitarbeiter der T an den Logistikleiter der Beklagten gewandt und diesem mitgeteilt, der Kläger habe bei seinem Aufenthalt in B am 21.11.2012 gegenüber einer Reihe von Mitarbeitern erzählt, die Geschäftsbeziehungen zu der T würden in der n...