Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszubildender. Kündigung. Schriftform
Leitsatz (amtlich)
Die bloße Bezugnahme im Kündigungsschreiben auf eine im Ausbildungsvertrag benannte Pflicht des Auszubildenden (hier: Pflicht zu unverzüglicher Benachrichtigung bei Fernbleiben von der Praxisausbildung, vom Berufsschulunterricht oder von sonstigen Ausbildungsveranstaltungen sowie Pflicht zur Übersendung einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am darauffolgenden Arbeitstag bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen) genügt nicht dem Formerfordernis des § 15 Abs. 3 BBiG.
Erforderlich ist vielmehr die Benennung eines konkreten Kündigungsrelevanten Fehlverhaltens des Auszubildenden unter kurzer, aber nachvollziehbarer Angabe des tatsächlichen Kündigungssachverhalts.
Normenkette
BBiG § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 15 Ca 8912/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2003 – 15 Ca 8912/03 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.11.2003 stattgegeben und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis durch die Kündigung vom 04.06.2003 nicht beendet worden ist. Wegen der Begründung wird auf Blatt 72 ff. d. A. Bezug genommen.
1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben, denn die streitgegenständliche Kündigung vom 04.06.2003 ist wegen Verstoßes gegen § 15 Abs. 3 BBiG in Verbindung mit § 125 Satz 1 BGB formnichtig und damit rechtsunwirksam.
a) Das Arbeitsgericht hat in seiner sorgfältig begründeten Entscheidung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 BBiG zutreffend benannt und die Norm im Streitfall richtig angewandt. Gemäß § 15 Abs. 3 BBiG muss die Kündigung eines Auszubildenden schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Letzteres soll den Kündigenden vor übereilten Handlungen bewahren und darüber hinaus der Rechtsklarheit sowie der Beweissicherung dienen (KR-Weigand, 6. Auflage, §§ 14, 15 BBiG Rz. 94 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Der Begründungszwang dient dabei auch den Interessen beider Vertragsteile. Dem Kündigungsempfänger soll deutlich erkennbar sein, worin der Grund für die Kündigung liegt, um ihm dadurch eine Überprüfung der Rechtswirksamkeit der Kündigung zu ermöglichen. Die Schriftform der Kündigung allein reicht hierfür nicht aus.
Gerade vor dem Hintergrund dieses Normzwecks erfordert die Darstellung der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben im Einzelnen, dass die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen genau angegeben werden. Zwar ist keine volle Substantiierung wie im Kündigungsschutzprozess zu verlangen, doch müssen die entsprechenden tatsächlichen Vorfälle so eindeutig geschildert sein, dass der Kündigungsempfänger sich darüber schlüssig werden kann, ob er die Kündigung anerkennen will oder nicht (so bereits BAG, Urteil vom 22.02.1972, EzA § 15 BBiG Nr. 1). Daher kann sich der Arbeitgeber in einem späteren Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Kündigung regelmäßig auch nur auf solche Gründe berufen, die er in formwirksamer Weise im Kündigungsschreiben mitgeteilt hat (LAG Köln, Urteil vom 08.01.2003 – 7 Sa 852/02 –). Im Übrigen kann auf die weiterführenden Rechtsprechungs- und Schrifttumsnachweise im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die vom Beklagten im Kündigungsschreiben vom 04.06.2003 angeführte Begründung bei einer Subsumtion unter die vorgenannten Normvoraussetzungen als nicht ausreichend angesehen. Denn der Beklagte benennt im Kündigungsschreiben keine konkreten Tatsachen, die ihn zum Ausspruch der Kündigung veranlasst haben. Vielmehr nimmt er lediglich mit kurzen Worten Bezug auf die Regelung des § 3 Abs. K des Ausbildungsvertrages. Dort ist geregelt, dass die Auszubildende sich insbesondere verpflichtet, bei Fernbleiben von der Ausbildung in der Praxis, vom Berufsschulunterricht oder von sonstigen Ausbildungsveranstaltungen dem Beklagten unter Angabe von Gründen unverzüglich Nachricht zu geben und ihm bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung zuzuleiten. Es geht mithin um zwei Pflichten der Klägerin, nämlich die Pflicht zur unverzüglichen Benachrichtigung des Beklagten bei Fernbleiben von der betrieblichen oder schulischen Ausbildungsstätte sowie die Pflicht zum rech...