Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebliche Altersversorgung. Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit. Arbeitsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Das für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften vom BAG entwickelte dreistufige Prüfungsschema ist auf Änderungen laufender Betriebsrenten nicht ohne weiteres übertragbar.
2. Die Änderung laufender Betriebsrenten bedarf tragfähiger Gründe, deren Gewicht von den Nachteilen abhängt, die dem Versorgungsberechtigten konkret entstehen.
Normenkette
BetrAVG §§ 6, 16; LPVG NW § 70; BGB § 310
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 04.06.2004; Aktenzeichen 5 Ca 13259/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.06.2004 – 5 Ca 13259/03 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das laufende Ruhegeld des Klägers zum 01.07.2003 wirksam durch tarifliche Regelung gekürzt worden ist.
Der Kläger war vom 01.07.1972 bis zur Vollendung seines 63. Lebensjahres am 31.01.1998 bei der Beklagten beschäftigt.
§ 11 seines Arbeitsvertrages vom 23.01.1972 lautet wie folgt:
„Der W gibt dem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage nach den beim W geltenden Bestimmungen.”
Der Kläger erhielt ab dem 01.02.1998 von der Beklagten eine betriebliche Altersrente, die sich entsprechend dem Schreiben der Beklagten vom 16.02.1998 zunächst nach den Übergangsregelungen des § 25 der Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage des W vom 07.03.1985 richtete. Diese wurde für unbefristete Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01.01.1994 begonnen hatten, durch die Dienstvereinbarung vom 31.07.1998 abgelöst.
§ 12 der Dienstvereinbarung vom 31.07.1998 regelt die Gesamtversorgungs-Bezüge und die Netto-Gesamtversorgung folgendermaßen:
(1) Die Nettogesamtversorgung eines / r Berechtigten entspricht den Gesamtversorgungsbezügen gemäß Absatz 2 ff. dieses Paragraphen, gemindert um die in § 13 bestimmten steuerlichen und sonstigen Belastungen, die bei Eintritt des Versorgungsfalles bzw. zum Zeitpunkt der Überprüfung der Versorgungsbezüge gemäß § 16 auf den Gesamtversorgungs-Bezügen ruhen.
(2) Zu den Gesamtversorgung-Bezügen zählen neben den monatlichen Rentenbeiträgen des W gemäß den §§ 4 und 5 folgenden Bezüge:
1. Die monatlichen Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die der/die Berechtigte zum Zeitpunkt seines / ihres Ausscheidens aus den Diensten des W zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt Anspruch hat, …
§ 14 der Dienstvereinbarung vom 31.07.1998 bestimmt die Höhe und Fälligkeit der Renten wie folgt:
(1) Bei der Berechnung der Alters- und Berufsunfähigkeitsrente ist der vom W zu tragende Anteil an der Gesamtversorgung des / der Berechtigten so zu bemessen, dass die Netto-Gesamtversorgung (§ 12 Absatz 1) 90 % des Netto-Vergleichseinkommens nicht übersteigt.
Auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen durch die in Kraft getretenen Steuerreformen und die zur Senkung der gesetzlichen Altersvorsorgung führende sogenannte Riester-Rentenreform kündigte die Beklagte die Dienstvereinbarung vom 31.07.1998 mit Wirkung zum 31.07.2001. Durch Tarifvertrag vom 16.06.2003 vereinbarte die Beklagte gemeinsam mit den anderen Rundfunkanstalten auf A-Ebene mit den zuständigen Gewerkschaften neue Altersversorgungsregelungen, die in Abschnitt IV § 1 einen sogenannten Riester-Korrekturfaktor durch folgende Regelung vorsahen:
„Anlässlich der nächsten in den Gesamtversorgungsregelungen vorgesehenen Neuberechnungen der Gesamtversorgung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente wird der der Rentenberechnung zugrundeliegende Betrag der Gesamtversorgungsobergrenze der in der Anlage genannten Versorgungsordnungen durch einen Korrekturfaktor in Höhe von 0,9914 gemindert.
In den Folgejahren wird jeweils ab dem 01.07. eines jeden Jahres der Korrekturfaktor entsprechend der folgenden Tabelle bei der jeweils nächsten Neuberechnung der Gesamtversorgung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente angewandt: …
Für die in der Anlage 1 genannten Versorgungsregelungen, zu dem die Dienstvereinbarung vom 31.07.1998 bei der Beklagten gehört, lautet die Präambel in Abschnitt IV des Tarifvertrages vom 16.6.2003:
Die in der Anlage genannten Versorgungsregelungen werden wie nachfolgend beschrieben geändert.
Soweit es sich bei den in der Anlage 1 genannten Versorgungsregelungen beim B, S und beim W nicht um Tarifverträge, sondern um Dienstvereinbarungen handelt, verpflichten sich die Tarifpartner, diese nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrages unverzüglich in eine tarifvertragliche Regelung zu überführen. Diese tarifvertraglichen Regelungen treten jeweils zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem bei B, S bzw. beim W die entsprechenden Dienstvereinbarungen aufgehoben werden. Sowohl B, S als auch W verpflichten sich, der Aufhebung der entsprechenden Dienstvereinbarungen nach Beschluss der angestrebten Tarifverträge zuzustimmen.
Dementsprechend vereinba...