Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilkündigung. betriebliche Übung. tarifvertragliche Schriftform. Treu und Glauben
Leitsatz (amtlich)
1. In der bloßen Äußerung einer – möglicherweise falschen – Rechtsansicht liegt noch keine Teilkündigung (Anschluss an BAG, Urteil vom 22.01.1997 – 5 AZR 658/95 –).
2. Bei der in Form einer betrieblichen Übung erfolgten Zusage auf Fortführung von Flugdienstuntauglichkeits-, Unfall- und Lebensversicherungen mit unveränderten Versicherungssummen und Entrichten der Versicherungsbeiträge handelt es sich um eine Nebenabrede im Sinne von § 1 Abs. 3 MTV DLH.
3. Die Berufung auf die Nichteinhaltung der tarifvertraglichen Schriftform nach § 1 Abs. 3 MTV DLH verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Arbeitgeber das Schriftformerfordernis nur geltend macht, um mit seinem Einwand Erfolg zu haben, die Zusage habe zwar in der Vergangenheit gegolten, nunmehr sei aber eine andere Regelung in Kraft getreten, die den Arbeitnehmer im Wesentlichen gleich begünstige.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611, 242; Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AG (MTV DLH) § 1 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen 9 Ca 7305/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2006 – 9 Ca 7305/05 – wie folgt abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31.07.2005 Versicherungsbeiträge für die L-of-L-Versicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 51.130,00 EUR zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch für die Zeit nach dem 31.07.2005 Versicherungsbeiträge für die Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme für den Todesfall in Höhe von 255.646,00 EUR und für den Invaliditätsfall in Höhe von 255.646,00 EUR zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, zugunsten des Klägers Versicherungsbeiträge für eine sog. L -of-L -Versicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von EUR 51.130,00 und für eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme für den Todesfall/den Invaliditätsfall in Höhe von EUR 255.646,00 weiterzuzahlen.
Der Kläger war zunächst bei der G C S GmbH (GCS) als Flugzeugführer eingestellt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1991 war bestimmt, dass die GCS zusätzlich zur gesetzlichen Unfallversicherung für den Kläger eine Unfallversicherung für den Todesfall/den Invaliditätsfall über eine Leistung von DM 500.000,00 abschloss. Zudem wurde gemäß dem Arbeitsvertrag von der GCS für den Kläger eine L -of-L -Versicherung über eine Leistung in Höhe von DM 100.000,00 bis zum vollendeten 50. Lebensjahr und in Höhe von DM 50.000,00 nach dem vollendeten 50. bis zum vollendeten 55. Lebensjahr abgeschlossen.
Nach der Verschmelzung mit dem ausgegliederten Cargo-Bereich der D L AG wurde der Kläger bei der L C AG (L) als Flugzeugführer weiterbeschäftigt. In einem zwischen dem Kläger und der L abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1996 heißt es, dass die L für ihre Mitarbeiter eine Unfallversicherung für den Todesfall über eine Leistung von DM 90.000,00 und für den Invaliditätsfall über eine Leistung von DM 180.000,00 abschließe. Für den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages geltende höhere Versicherungssummen bestünden fort, es sei denn, er wünsche eine Absenkung der Versicherungssummen. Am 8. November 2004 vereinbarten die L und der Kläger die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 16. Dezember 2004 im Hinblick auf die ab 17. Dezember 2004 wirksame Übernahme des Klägers durch die Beklagte.
Mit der Beklagten schloss der Kläger am 17. Dezember 2004 für die Zeit ab dem 17. Dezember 2004 einen schriftlichen Arbeitsvertrag über die Beschäftigung als Flugzeugführer. Unter Ziff. 2 wurde bestimmt, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften der L in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages ergäben. Unter Ziff. 4 „Betriebliche Altersversorgung” heißt es, es gelte die Regelung des § 7 Abs. 11 Tarifvertrag Wechsel und Förderung Nr. 2, nachdem die bei der L geltenden tarifvertraglichen Regelungen zur Übergangsversorgung und Altersversorgung weiterbestünden.
Der Kläger ist Mitglied der V C e. V. (V) und die Beklagte ist Mitglied der A V H e. V. (A).
Diese Tarifvertragsparteien schlossen unter dem 15. Mai 2000 einen Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D L AG (D). Dieser Tarifvertrag gilt für Mitarbeiter des Cockpitpersonals der D, auf die der Manteltarifvertrag Cockpitpersonal D anwendbar ist. Zudem gilt er im Rahm...