Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit. Behauptung des in Deutschland liegenden Arbeitsorts. Zur Anscheinsvollmacht bei Arbeitsvertragsabschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Zu Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen hat der EuGH entschieden, dass dem Kläger der Gerichtsstand des Erfüllungsortes auch dann zur Verfügung steht, wenn das Zustandekommen des Vertrages, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, zwischen den Parteien streitig ist (EuGH 4. März 1982 - C-38/81 - [...]).

Diese Aussage gilt auch für Art. 19 Nr. 2 des Lugano-Übereinkommens.

Die Verordnung "Rom I" kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob die Vertragsparteien Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU sind.

 

Normenkette

EuGVÜ Art. 5 Nr. 1; LugÜ Art. 19; Rom-I-VO Art. 8; BGB §§ 177, 164, 611, 614

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 06.02.2013; Aktenzeichen 2 Ca 2430/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 06.02.2013 -2 Ca 2430/12 - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • 3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Entgeltansprüche für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 10. August 2012 geltend.

Der Kläger führte im Mai 2012 mit dem Verwaltungspräsidenten der Beklagten D . T und dem Delegierten des Verwaltungsrates der Beklagten A ein Gespräch. Besprochen wurde, dass sich der Kläger für die Beklagte um den Erwerb eines Hubschraubers kümmern sollte. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Herr A ist der Cousin der Ehefrau des Klägers.

Im Anschluss an die Unterredung übersandte Herr A dem Kläger einen Arbeitsvertrag, der von ihm und dem Kläger unterzeichnet wurde. Der vom Kläger vorgelegte Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 5 ff. d.A.) trägt auch die Unterschrift von Herrn D . T . Ob es sich um eine Fälschung handelt, ist zwischen den Parteien streitig. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages wird Bezug genommen.

Der Kläger kommunizierte im Juni 2012 mehrfach per E-Mail mit D . T . Wegen des Inhalts der E-Mails wird auf die Ausdrucke Bl. 189 ff. d.A. verwiesen.

Am 14. Juni 2012 schickte der Kläger Herrn A eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

"Hi D ,

anbei mein Personalbogen. Habe soweit alles in eine Datei gepackt. Nachher gibt es auch noch den überarbeiteten Bogen (Musterbogen zum ausfüllen) - auch Tippfehlerbereinigt.

Hast du schon nähere Infos ob es "das" heute oder morgen gibt?"

Mit E-Mail vom 26. Juli 2012 mahnte der Kläger gegenüber Herrn D . T Gehalt für Juni 2012 an. Herr D . T antwortete am gleiche Tag wie folgt: "Keine Ahnung, Alles mit D besprechen Mit besten Grüßen D . U T ". Herr A erhielt eine Kopie der E-Mail.

Mit E-Mail vom 1. August 2012 an Herrn A mahnte der Kläger erneut seine Gehaltsansprüche an. Unter dem 10. August 2012 sprach er gegenüber der Beklagten die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Er übergab die Kündigung Herrn A .

Die Klageschrift ist Herrn D . T persönlich in K zugestellt worden. Er ist für die Beklagte zu dem Gütetermin vom 12. Oktober 2012 erschienen. In dem Gütertermin ist Kammerverhandlung auf den 9. Januar 2013 bestimmt worden. Zu der Kammerverhandlung ist für die Beklagte niemand erschienen. Die Beklagte ist darauf hin durch Versäumnisurteil verurteilt worden, an den Kläger 17.608,69 EUR brutto zu zahlen. Gegen das ihr am 15. Januar 2013 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte am 21. Januar 2013 Einspruch eingelegt.

Der Kläger hat behauptet, Herr A habe ihm gegenüber erklärt, er sei von der Beklagten und insbesondere von D . T bevollmächtigt. Herr A habe ihm den Vertrag per PDF-Datei übermittelt. Der Vertrag sei durch Herrn D . T und Herrn A elektronisch signiert gewesen. Später habe Herr A ihm das von Herrn A handschriftlich unterzeichnete Exemplar übergeben, welches er ebenfalls unterschrieben habe.

Der Kläger hat beantragt,

  • 1.

    Das Versäumnisurteil vom 09.01.2013 aufrechtzuerhalten;

  • 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn Zinsen aus dem Betrag von 17.608.69 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.09.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die deutschen Gerichte seien international nicht zuständig. Sie sei in der S zu verklagen, weil sie dort ihren Sitz habe. Ein Arbeitsvertrag sei nicht zustande gekommen. Das vom Kläger vorgelegte Geschäftspapier benutze sie nicht. Herr A sei nicht befugt gewesen, Arbeitsverträge abzuschließen. Herr D . T habe den Kläger im Mai 2012 darüber unterrichtet, dass die Beklagte kein Geld erwirtschaftet habe und sie ihn daher nicht einstellen könne. Das Versäumnisurteil sei zu Unrecht ergangen. Die Klage hätte an ihrem Sitz zugestellt werden müssen.

Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil vom 9. Januar 2013 mit Urteil vom 6. Februar 2013 aufrechterhalten. Zusätzlich ...

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