Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Fortsetzungserkrankung. Grundsatz der Einheitlichkeit des Verhinderungsfalles. Darlegungslast. Darlegungslast bei Fortsetzungserkrankung - mehrere Krankheitsursachen - Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles
Leitsatz (amtlich)
1.) Wendet der Arbeitgeber gegenüber einem Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers ein, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt eine sog. Fortsetzungserkrankung vorgelegen habe, obliegt es dem Arbeitnehmer, Tatsachen vorzutragen, die eine neue Ersterkrankung belegen.
2.) Mehrere selbständige Erkrankungen als Arbeitsunfähigkeitsursache, die gleichzeitig auftreten oder sich zeitlich überlappen, lösen den Entgeltfortzahlungsanspruch für sechs Wochen nur einmal aus (sog. Grundsatz von der Einheit der Verhinderungsfalles).
Normenkette
EFZG § 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.02.2012; Aktenzeichen 5 Ca 7678/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.02.2012 in Sachen 5 Ca 7678/11 teilweise wie folgt abgeändert:
Die Klage wird in Höhe von 2.300,00 € brutto nebst Zinsen (Entgeltfortzahlung für Oktober 2011) abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch um einen Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers für den Monat Oktober 2011 sowie um die Auszahlung eines vom Kläger als unberechtigt angesehenen Nettolohneinbehalts für Juli 2011.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, dem Kläger für den Monat Oktober 2011 einen Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe von 2.300,00 € brutto zuzusprechen und ferner einen Anspruch auf Auszahlung des Lohneinbehalts für Juli 2011 in Höhe von 251,00 € netto, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 24.02.2012 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 03.04.2012 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 03.05.2012 Berufung eingelegt und diese zugleich auch begründet.
Die Beklagte rügt, dass das Arbeitsgericht es versäumt habe, über die Frage, ob der Kläger im Zeitraum Oktober 2011 tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, Beweis zu erheben. Dasselbe gelte für die Frage, ob im Oktober 2011 eine neue, die Entgeltfortzahlungspflicht erneut auslösende Ersterkrankung vorgelegen habe oder eine Fortsetzungserkrankung, für deren Dauer kein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall über insgesamt sechs Wochen hinaus gegeben sei. Insoweit sei der Kläger erstinstanzlich allerdings auch schon seiner Darlegungslast nicht nachgekommen; denn er habe zwar konkrete Behauptungen dazu aufgestellt, aufgrund welcher Erkrankungen er im Oktober 2011 arbeitsunfähig gewesen sei. Auf welchen Krankheitsursachen die Arbeitsunfähigkeitszeiten in den vorangegangenen Monaten August und September 2011 beruht hätten, habe der Kläger allerdings nicht mitgeteilt.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,
unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 24.02.2012 die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Urteils für richtig. Er wiederholt, dass er nach Ablauf des ersten sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums im August/September 2011 zunächst für die Zeit vom 01.10. bis 03.10.2011 Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse gehabt habe. Ab dem 04.10.2011 sei er, wie die ärztlicherseits ausgestellte Erst bescheinigung belege, aufgrund einer neuen Erkrankung arbeitsunfähig gewesen. Die Diagnose für diesen Zeitraum habe gelautet: Hypertensive Krise sowie Diabetes mellitus.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger auf Aufforderung des Gerichts erstmals die mit den einschlägigen Diagnosekürzeln versehenen Ausfertigungen der Arbeitsunfähigkeits- bescheinigungen für die Zeit vom 19.08. bis 30.09.2011 sowie ein zugehöriges Erläuterungsschreiben der AOK N vorgelegt. Auf diese Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 119 - 124 d. A.).
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.02.2012 ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG insgesamt statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.
Gleichwohl ist die Berufung der Beklagten nur zulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Monat Oktober 2011 wendet. Soweit das Arbeitsgericht die Beklagte darüber hinaus auch zur Auszahlung des Nettolohneinbehalts aus Juli 2011 in Höhe von 251,00 € nebst Zinsen verurteilt hat, ist die...