Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung von Unterhaltsforderungen im Insolvenzverfahren des Schuldners
Leitsatz (amtlich)
Unterhaltsgläubiger können während des Insolvenzverfahrens des Schuldners in die Differenz zwischen dem vom Insolvenzgericht festgesetzten pfändungsfreien Betrag nach §§ 850 c, 850 f ZPO und dem vom Vollstreckungsgericht festgesetzten pfändungsfreien Betrag nach § 850 d ZPO vollstrecken.
Normenkette
ZPO §§ 850c, 850d, 850f; InsO §§ 21, 89
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 21.05.2003; Aktenzeichen 12 Ca 2371/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.05.2003 – 12 Ca 2371/03 – abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.949,31 EUR gepfändeten nachehelichen Unterhalt zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, ab dem Monat November 2003 – auch künftig – für die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten bei ihr monatlich 940,96 EUR an die Klägerin zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege der Drittschuldnerklage über gepfändetes Gehalt des geschiedenen Ehemannes der Klägerin und Streitverkündeten, der als Pilot bei der Beklagten beschäftigt ist.
Auf Grund der mit Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 17.03.2000 titulierten Unterhaltsansprüche erging am 10.04.2002 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Dresden (Blatt 7 d. A.). Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 23.04.2002 die Forderung dem Grunde nach an und überwies den für Mai 2002 gepfändeten Betrag an die Klägerin.
Mit Beschluss vom 15.05.2003 hat das Amtsgericht Dresden als Insolvenzgericht in der Insolvenzsache gegen den Streitverkündeten unter anderem folgendes beschlossen:
- Gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 304 InsO werden gegen den Schuldner eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen eingestellt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind. Neue Vollstreckungsmaßnahmen werden untersagt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind.
- Dem Schuldner wird verboten, über seine Einkünfte zu verfügen, soweit sie den pfändbaren Betrag nach §§ 850 c ZPO/ 54 Abs. 4 SGB I übersteigen.”
Die Beklagte verweigert unter Berufung auf diesen Beschluss die weitere Abführung von gepfändetem Gehalt an die Klägerin. Sie hat mit Schreiben vom 20.05.2003 beim Insolvenzgericht beantragt, festzustellen, ob der erweiterte pfändbare Gehaltsteil des Insolvenzschuldners der Zwangsvollstreckung während des Eröffnungsverfahrens unterliegt (Blatt 32 a/32 b d. A.).
Die Klägerin hat beantragt,
- an sie 5.185,47 EUR gepfändeten nachehelichen Unterhalt zu zahlen sowie
- künftig für die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten bei ihr 940,96 EUR monatlich, beginnend mit dem Monat März 2003 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage am 21. 5. 2003 als unzulässig abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 08.09.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.09.2003 Berufung eingelegt und diese am 06.10.2003 begründet.
Am 29.08.2003 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streitverkündeten eröffnet worden (Beschluss vom 28.08.2003 Blatt 71 f d. A.).
Mit Beschluss vom 01.07.2003 (Blatt 77 ff. d. A.) hatte das Insolvenzgericht den pfändungsfreien Betrag nach § 850 c, f ZPO auf 3.425,96 EUR festgesetzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.05.2003 – 12 Ca 2371/03 – abzuändern und
- an die Klägerin 8.949,31 EUR gepfändeten nachehelichen Unterhalt zu zahlen,
- der Klägerin beginnend mit dem Monat November 2003 monatlich auch künftig über die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten 940,96 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist – was als solches unstreitig ist – darauf hin, dass die Klägerin zwei weitere Unterhaltsberechtigte neben sich hat, nämlich das eheliche Kind D. S., die einen Unterhaltsanspruch von 379,38 EUR monatlich hat und das nicht eheliche Kind J., das einen Unterhaltsanspruch von 311,00 EUR monatlich hat. Sie, die Beklagte prüfe zur Zeit, ob die Pfändung des zweiten Kindes vorrangig sei. Im Übrigen verweist die Beklagte darauf, dass sie in dem Parallelverfahren durch Urteil des LAG vom 01.08.2003 (11 Sa 420/03 – verurteilt sei, an die Klägerin D. S. 379,38 EUR monatlich zu zahlen.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache Erfolg.
I. Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist zuständig, dieses folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 3 ArbGG. Der Streitgegenstand betrifft Arbeitslohn eines Arbeitnehmers, der gegen den Arbeitgeber geltend gemacht wird. Mit der Zuständigkeit ist grundsätzlich auch die Vorfragenkompetenz gegeben (GK-ArbGG/Wenzel § 2 Rn. 19).
II. Wie schon die 11. Kammer in der den Parteien bekannten Entscheidung vom 0...