Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung, gerichtlicher Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1) Gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG ist auch ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 1. Alternative BGB, bei dem die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs durch Beschluss feststellt.

2) Ein Arbeitnehmer handelt treuwidrig, wenn er bei einem bestehenden Streit über die Wirksamkeit einer Befristung einer weiteren Anschlussbefristung zustimmt, mit dem Arbeitgeber vereinbart, dies im Wege eines gerichtlichen Vergleichs zu tun und sich anschließend auf das Fehlen eines Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr._8 TzBfG beruft.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8; ZPO § 278 Abs. 6; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 24.08.2007; Aktenzeichen 5 Ca 3567/06 d)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.08.2007 – 5 Ca 3567/06 d – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages.

Der Kläger war bei der Beklagten vom 11.02.2002 zunächst bis zum 30.06.2005 im Rahmen von insgesamt 13 zunächst ohne und sodann mit Sachgrund befristeten Arbeitsverträgen als Zusteller beschäftigt. Seine durchschnittliche monatliche Vergütung betrug zuletzt 1.750,00 EUR brutto.

Die Wirksamkeit der letzten am 21.04.2005 für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 30.06.2005 vereinbarten Befristung hat der Kläger beim Arbeitsgericht Aachen unter dem Aktenzeichen – 8 Ca 2608/05 d – zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Nach zunächst gescheitertem Gütetermin unterbreitete die Beklagte der Prozessbevollmächtigten des Klägers im vorgenannten Verfahren mit Schreiben vom 21.07.2005 außerprozessual nach telefonischer Absprache einen Vergleichsvorschlag mit der Bitte, diesen bei Einverständnis dem Arbeitsgericht zu übermitteln, damit sodann nach § 278 Abs. 6 ZPO verfahren werden könne. Dem kam die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 27.07.2005 nach. Am 29.07.2005 leitete das Gericht den Schriftsatz an die Beklagte zur Stellungnahme weiter.

Am 12.08.2005 schlossen die Parteien einen schriftlichen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 15.08.2005 bis 14.08.2006. Als Sachgrund wurde dabei eine „Beschäftigung für zwölf Monate aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs” angegeben. Mit Schriftsatz vom 15.08.2005, der an diesem Tag um 08:06 Uhr beim Arbeitsgericht Aachen einging, erklärte die Beklagte ihr Einverständnis mit dem Vergleich. Noch am 15.08.2007 stellte daraufhin das Arbeitsgericht durch Beschluss das Zustandekommen eines Vergleichs folgenden Inhalts fest:

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund wirksamer Befristung zum 30. Juni 2005 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte wird den Kläger mit Wirkung vom 15. August 2005 für die Dauer von 12 Monaten – somit bis zum 14. August 2006 – zu ansonsten unveränderten Bedingungen wieder einstellen.

Damit ist der Rechtsstreit 8 Ca 2608/05 d erledigt.”

Mit seiner am 17.08.2006 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit dieser Befristung. Er hat die Auffassung vertreten, diese sei unwirksam, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des schriftlichen Arbeitsvertrages noch kein gerichtlicher Vergleich vorgelegen habe, der einen Sachgrund hätte darstellen können.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 12./15.08.2005 nicht zum 14.08.2006 beendet ist und über den 14.08.2006 unbefristet fortbesteht.
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Zusteller weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Befristung aufgrund des gerichtlichen Vergleichs für wirksam erachtet und darauf hingewiesen, dass die Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages bereits am 12.08.2005 allein im Interesse des Klägers gelegen habe. Arbeitsbeginn sei jedenfalls erst der 15.08.2005 gewesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.08.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG wirksam, da sie auf einen gerichtlichen Vergleich beruhe. Es sei nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschluss der zwischen den Parteien außerprozessual vereinbarte Vergleich bereits vom Gericht nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt worden sei. Der Beschluss habe vielmehr nur deklaratorische Funktion. Im Übrigen sei die Vorgehensweise des Klägers, selbst wenn man seiner Rechtsauffassung folgen wolle, dass die Befristung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.08.2005 wegen des noch nicht erlassenen Feststellungsbeschlusses unwirksam sei, rechtsmissbräuchlich, da sie gegen...

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