Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Aussetzung der in einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Anpassung der Betriebsrenten an die Entwicklung der gesetzlichen Renten
Leitsatz (amtlich)
Zur vertraglichen Anpassung einer Betriebsrente aufgrund Regelung einer Gesamtbetriebsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung, wonach die Betriebsrente an die Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen ist, es sei denn, der Vorstand hält eine Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nicht für vertretbar, ist dahin auszulegen, dass der Vorstand hinreichend substantiiert darzulegen hat, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Arbeitgeberinnen - trotz positiver Geschäftsergebnisse - einer Anpassung der Gesamtversorgung entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Renten entgegensteht.
2. Dem ist nicht genügt, wenn belastbares wirtschaftliches Datenmaterial zur Ausübungskontrolle fehlt. Auch die Berufung auf die Marktsituation in der Versicherungsbranche wie etwa die Niedrigzinsphase ist nicht ausreichend.
3. Sind bei der Entscheidung der Arbeitgeberin im Rahmen der Ausübung des Anpassungsvorbehalts die gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat aufgestellten Verteilungsgrundsätze nicht beachtet, so erweist sich die Entscheidung wegen Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG als rechtsunwirksam. Gleichzeitig stellt sie auch keine wirksame Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB dar.
Normenkette
BetrAVG
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 19.01.2017; Aktenzeichen 2 Ca 2792/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.01.2017- 2 Ca 2792/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 01.07.2017 über den Betrag von 957,81 € brutto hinaus jeweils zum Ersten des Monats einen Betrag von 53,52 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 642,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 53,52 € seit dem 04.07.2016, 02.08.2016, 02.09.2016, 05.10.2016, 03.11.2016, 02.12.2016, 03.01.2017, 02.02.2017 02.03.2017, 04.04.2017, 03.05.2017 und 02.06.2017 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, am die Klägerin 205,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 17,14 € seit dem 02.07.2015, 04.08.2015, 02.09.2015, 02.10.2015, 03.11.2015, 02.12.2015, 05.01.2016, 02.02.2016, 02.03.2016, 04.04.2016, 03.05.2016 und 02.06.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsbezüge der Klägerin zum 01.07.2015 und 01.07.2016 aufgrund von Regelungen eines betrieblichen Versorgungswerks.
Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen G -K eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der V D L A , einem ursprünglich gemeinwirtschaftlichem Unternehmen. Der am . .19 geborene Ehemann der Klägerin war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 01.03.1971 bis zum 30.06.2001 beschäftigt.
Der Ehemann der Klägerin hat seit dem 01.10.2005 eine Altersrente aus der betrieblichen Altersversorgung bezogen. Die monatlichen Betriebsrenten sind zum Ersten des jeweiligen Monats fällig. Nach dem Tod des Ehemanns zahlt die Beklagte an die Klägerin seit dem Januar 2007 eine betriebliche Hinterbliebenenversorgung.
Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten richtet sich nach den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes (BVW), die am 01.01.1961 in Kraft getreten sind. Nach den Grundbestimmungen des BVW erhält der Kläger eine Gesamtversorgung, die sich aus Rentenleistungen der konzerneigenen Versorgungskasse (VK-Altersrente) und einer Direktzusage (Pensionsergänzung bzw. Vofue-Rente, im Folgenden: PE) zusammensetzt. Die Leistungen der VK-Altersrente werden durch die nach dem Geschäftsplan der Versorgungskasse der V V gutzuschreibenden Überschussanteile gesteigert. Die Regelung für die Zahlung der PE findet sich in der Gesamtbetriebsvereinbarung Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks, bestehend aus den Grundbestimmungen des BVW, den Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks (BVW-A) und den Übergangsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks (BVW-Ü).
In den Grundbestimmungen des BVW ist u. a. folgendes geregelt:
"(...)
"§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds
Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leis...