Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Aussetzung der in einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Anpassung der Betriebsrenten an die Entwicklung der gesetzlichen Renten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur vertraglichen Anpassung einer Betriebsrente aufgrund Regelung einer Gesamtbetriebsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung, wonach die Betriebsrente an die Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen ist, es sei denn, der Vorstand hält eine Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nicht für vertretbar, ist dahin auszulegen, dass der Vorstand hinreichend substantiiert darzulegen hat, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Arbeitgeberinnen - trotz positiver Geschäftsergebnisse - einer Anpassung der Gesamtversorgung entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Renten entgegensteht.

2. Dem ist nicht genügt, wenn belastbares wirtschaftliches Datenmaterial zur Ausübungskontrolle fehlt. Auch die Berufung auf die Marktsituation in der Versicherungsbranche wie etwa die Niedrigzinsphase ist nicht ausreichend.

3. Sind bei der Entscheidung der Arbeitgeberin im Rahmen der Ausübung des Anpassungsvorbehalts die gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat aufgestellten Verteilungsgrundsätze nicht beachtet, so erweist sich die Entscheidung wegen Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG als rechtsunwirksam. Gleichzeitig stellt sie auch keine wirksame Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB dar.

 

Normenkette

BetrAVG

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 17.02.2017; Aktenzeichen 1 Ca 3435/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen 3 AZR 413/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.02.2017 - 1 Ca 3435/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 01.10.2016 über den Betrag von 1.266,42 € brutto hinaus jeweils zum Ersten eines Monats einen Betrag von weiteren 73,67 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 214,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 70,55 € seit dem 04.07.2016 und 02.08.2016 sowie aus 73,67 € seit dem 02.09.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 268,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 22,39 € seit dem 02.07.2015, 04.08.2015, 02.09.2015, 02.10.2015, 03.11.2015, 02.12.2015, 05.01.2016, 02.02.2016, 02.03.2016, 04.04.2016, 03.05.2016 und 02.06.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 14 % und die Beklagte zu 86 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsbezüge der Klägerin zum 01.07.2015 und 01.07.2016 aufgrund der Regelungen eines betrieblichen Versorgungswerks.

Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen G -K eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der V D L A , einem ursprünglich gemeinwirtschaftlichem Unternehmen. Die am 28.08.1953 geborene Klägerin war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 01.01.1973 bis zum 30.06.2008 beschäftigt.

Die Klägerin ist aufgrund einer Frühpensionierungsvereinbarung vom 08.05.2007 ausgeschieden. In der Vereinbarung heißt es u. a. in Ziffer 8.:

"(...)

8.

Die V gewährt Frau K , unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der V mit Beginn des Kalendermonats, von dem erstmals der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Altersversicherung - ggf. auch mit Abschlägen - möglich ist, eine monatliche Rente von 621,48 EURO brutto. Die Rente wird nach den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes angepasst.

(...)"

Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung vom 08.05.2007 wird auf Bl. 102 ff. d. A. verwiesen.

Mit Nachtrag vom 20.12.2007 zur "Vereinbarung zur Frühpensionierung vom 08.05.07" (Bl. 106 d. A.) wurde u. a. Ziffer 8. hinsichtlich der Höhe des Rentenbetrages - unter Beibehaltung des Wortlauts im Übrigen - auf 778,57 € brutto abgeändert.

Mit Schreiben vom 24.02.2014 (Bl. 133 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab dem 01.04.2014 die Anspruchsvoraussetzungen für die betriebliche Altersversorgungsleistungen erfülle und der monatliche Zahlungsanspruch ab diesem Zeitpunkt 778,57 € brutto betrage. Bis zum 31.08.2016 werde ein Ausgleich für die für die Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente in Höhe von 184,91 € brutto vorgenommen.

Die monatlichen Betriebsrenten der betrieblichen Altersversorgung sind zum Ersten des jeweiligen Monats fällig.

Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten richtet sich nach den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes (BVW), die am 01.01.1961 in Kraft getreten sind. N...

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