Entscheidungsstichwort (Thema)

Höchstbetragsgrenze im Sozialplan. Altersdiskriminierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Höchstbetragsgrenze im Sozialplan bewirkt nicht eine Schlechterstellung älterer Arbeitnehmer, sondern nur, dass eine weitere Besserstellung wegen fortgeschrittener Betriebszugehörigkeit und damit einhergehend fortgeschrittenem Lebensalter nicht realisiert werden kann. In einer solchen Konstellation liegt keine mittelbare Diskriminierung älterer Arbeitnehmer vor.

 

Normenkette

BetrVG § 75

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 19.09.2007; Aktenzeichen 7 Ca 3739/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen 1 AZR 566/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.09.2007 – 7 Ca 3739/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das AGG eine zu niedrige Sozialplanabfindung erhalten hat.

Der am 16.05.1948 geborene Kläger war seit dem 01.04.1963 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Leiter der Zerspannung zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 5.515,78 EUR.

Aus wirtschaftlichen Gründen sah sich die Beklagte im Jahre 2006 gezwungen, u. a. die Teilschließung des Werks Werkzeugbau vorzunehmen. Mit Datum vom 27.06.2006 schloss die Beklagte deshalb mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan ab (Bl. 11 ff. d. A.).

In der darin enthaltenen Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer war auch der Kläger aufgeführt.

Der Sozialplan sah in Ziffer 3 (Bl. 17 d. A.) eine Abfindung vor, die sich wie folgt berechnete:

„Monatlicher Bruttoverdienst × Betriebszugehörigkeit × 1,0”

Ferner sieht der Sozialplan nach Alter gestaffelte zusätzliche Abfindungsbeträge sowie einen Härtefond vor, der ebenfalls nach Alter gestaffelt auf die Arbeitnehmer verteilt werden sollte.

Kern des Streits der Parteien ist die Höchstbetragsregelung in Nr. 3 f) des Sozialplans. Danach wird die Basisabfindung auf einen Höchstbetrag von 85.000,00 EUR begrenzt.

Nachdem die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen die aufgrund des Interessenausgleichs ausgesprochene Kündigung rechtskräftig erfolglos blieb, erhielt der Kläger von der Beklagten die auf den Höchstbetrag begrenzte Basisabfindung in Höhe von 85.000,00 EUR sowie den im Sozialplan vorgesehenen Sonderabfindungsbetrag in Höhe von 7.000,00 EUR, insgesamt 92.000,00 EUR.

Der Kläger hält die Begrenzung der Basisabfindung im Sozialplan auf 85.000,00 EUR für gleichheitswidrig und für einen Verstoß gegen das AGG. Die Höchstbetragsregelung müsse entfallen, so dass ihm ein Gesamtabfindungsanspruch in Höhe von 249.142,74 EUR zustehe, so dass abzüglich des gezahlten Abfindungsbetrages die mit der Klage geltend gemachte Restabfindung in Höhe von 157.142,74 EUR brutto noch gezahlt werden müsse.

Durch Urteil vom 19.09.2007 (Bl. 51 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Eine unzulässige Altersdiskriminierung liege nicht vor. Von einer Kappung der Basisabfindung könnten vielmehr auch Arbeitnehmer betroffen sein, die nur eine relativ kurze Betriebszugehörigkeit und ein geringes Lebensalter aufwiesen. Zudem sei eine Staffelung des Abfindungshöchstbetrages in Abhängigkeit von Lebensalter des jeweiligen Arbeitnehmers zulässig, sofern sie als eine angemessene typisierende Reaktion auf die einhergehende Verschlechterung der Berufsaussichten erscheine. Hierzu sei bei älteren Arbeitnehmern zu berücksichtigen, dass sich die Zeit der Überbrückung bis zur Rentenberechtigung verkürze. Letztlich könne der Anspruch des Klägers auch deshalb keinen Erfolg haben, weil eine Teilunwirksamkeit der vom Kläger beanstandeten Bestimmung des Sozialplans zu Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führe. Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen.

Der Kläger trägt vor, der Sozialplan sei mittelbar altersdiskriminierend. Ältere Mitarbeiter seien von der Kappungsregelung besonders betroffen. Die älteren Mitarbeiter würden wegen des bei ihnen regelmäßig hohen Faktors „Betriebszugehörigkeit” regelmäßig in ihrem Abfindungsanspruch begrenzt, da ein höheres Alter ebenso regelmäßig zu einer längeren Betriebszugehörigkeit führe. Dies lasse sich auch konkret anhand verschiedener bei der Beklagten tätig gewesener Arbeitnehmer begründen (Bl. 80 d. A.).

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne nicht angenommen werden, dass nach der gewählten Formel auch solche Arbeitnehmer benachteiligt würden, die bei kurzer Betriebszugehörigkeit ein höheres Bruttogehalt bezogen hätten. Dies sei nur bei unrealistisch hohen Monatsverdiensten der Fall. Eine objektive Benachteiligung der Arbeitnehmer über 55 Jahre sei auch durch Ziffer 3 b) des Sozialplans gegeben. Die Differenzierung sei sachlich nicht gerechtfertigt. Zwar könne eine sachliche Rechtfertigung angenommen werden, wenn entsprechend § 10 S. 3 Ziffer 6 AGG die Beschäftigten zusammen mit anderen Sozialversicherungsleistu...

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