Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Geschäftsbedingungen. überraschende Klausel. Tarifliche Ausschlussfrist. Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Leitsatz (amtlich)
Die Unterbringung einer Ausschlussfristenregelung an unerwarteter Stelle (hier unter der Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses") ist überraschend und daher nicht zum Vertragsinhalt allgemeiner Geschäftsbedingungen geworden (§ 305 c Abs. 1 BGB)
Normenkette
BGB § 305 c Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 29.11.2011; Aktenzeichen 12 Ca 3102/11) |
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.11.2011 - 12 Ca 3102/11 - wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - soweit berufungsrelevant - um den Ausgleich monatlicher Lohnabzüge und um die Zahlung von Restlohn für März 2011.
Der am 1987 geborene, verheiratete Kläger, Vater eines Kindes, war gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 01.11.2008 als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten seit dem 03.11.2008 beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 01.11.2008 ist unter der Überschrift "Vergütung" ein Bruttogrundlohn von 1.200,00 € und zusätzlich die Zahlung einer Prämie von monatlich 300,00 € bei einwandfreier Tätigkeit geregelt.
Unter der Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" ist folgendes geregelt:
"Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Parteien mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.
Das Vertragsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in welchem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet. Wird durch gesetzliche Regelung die Altersgrenze auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt, so endet das Arbeitsverhältnis spätestens mit Erreichen des Zeitpunktes.
Ansprüche des Mitarbeiters und des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis sind spätestens innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Dies gilt weder für die Ansprüche auf Urlaub bzw. Urlaubsabgeltung, noch für Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen.
Ansprüche, die nicht fristgerecht geltend gemacht werden, verfallen, es sei denn, ihr Verfall ist gesetzlich ausgeschlossen oder dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zumutbaren Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten.
Die Kündigung bedarf der Schriftform, das Recht der außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt."
Gemäß den entsprechenden Lohnabrechnungen nahm die Beklagte im Zeitraum von Mai 2009 bis November 2010 diverse Lohnabzüge wie folgt vor: Im Monat Mai 2009 unter der Bezeichnung "Abschlag" einen Abzug von 150,00 € netto, im Monat Juni 2009 unter der Bezeichnung "Darlehensrückzahlung" einen Abzug von 150,00 € netto, im Monat Juli 2009 einen Abzug unter der Bezeichnung "Abschlag" in Höhe von weiteren 150,00 € netto, im Monat August 2009 einen Abzug unter der Bezeichnung "Vorschuss" in Höhe von 200,00 € netto, im Monat Dezember 2009 einen Abzug unter der Bezeichnung "Vorschuss" in Höhe von 100,00 € netto, im Januar 2010 einen Abzug in Höhe weiterer 117,37 € netto unter der Bezeichnung "Vorschuss", im September 2010 einen Abzug in Höhe von 100,00 € netto unter der Bezeichnung "Vorschuss" und im Monat November 2010 einen Abzug in Höhe von weiteren 150,00 € netto unter der Bezeichnung "Vorschuss".
Für März 2011 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Entgeltabrechnung, welche mit einem Nettoauszahlungsbetrag in Höhe von 1.261,50 € endete. Hierauf leistete die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe 1.100,34 € netto.
Mit Schreiben vom 24.03.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 28.03.2011. Die Wirksamkeit dieser Kündigung wurde durch das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.11.2011 - 12 Ca 3102/11 - rechtskräftig festgestellt.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Abzüge im Zeitraum von Mai 2009 bis November 2010 in Höhe von insgesamt 1.117,38 € netto seien zu Unrecht erfolgt. Zudem stehe dem Kläger ein Restbetrag von 161,16 € netto für März 2011 zu. Den Vergütungsansprüchen des Klägers stehe nicht die Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gemäß dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.11.2008 entgegen. Bei dieser Regelung im Arbeitsvertrag handele es sich um eine überraschende und damit unwirksame Klausel gemäß § 305 c) Abs. 1 BGB.
Der Kläger hat beantragt,
1.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.03.2011 weder mit Wirkung zum 28.03.2011 noch zu einem anderen Zeitpunkt aufgelöst worden ist;
2.
es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.03.2011 weder mit Wirkung zum 31.08.2009 noch zu einem anderen Zeitpunkt aufgelöst worden ist;
3.
die Klage wird nachträglich zugelassen;
4.
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.117,38 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem BSZ d...