Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestätigung eines nichtigen Arbeitsvertrages. Scheingeschäft
Leitsatz (redaktionell)
Bestätigen die Parteien die Gültigkeit eines Arbeitsvertrags, auch wenn er nichtig gewesen sein sollte, immer wieder durch Zahlung der Löhne, durch permanente Erstellung der Lohnabrechnungen, durch Abführung der Abgaben, durch Erstellung von Zeugnis und Kündigung, treten die Rechtsfolgen des § 141 Abs. 2 BGB ein.
Normenkette
BGB § 141 Abs. 2, § 117; HGB § 128
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 25.04.2002; Aktenzeichen 3 (4) Ca 3667/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das am 25.04.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen – 3 (4) Ca 3667/01 h – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
(abgekürzt gem. § 69 Abs. 2 ArbGG)
I. Die Parteien – nämlich der beklagte Gesellschafter eines als GbR betriebenen Ingenieurbüros und die von der Gesellschaft mit Arbeitsvertrag vom 26.02.1999 „als Bürokraft” ab März 1999 eingestellte, am 23.01.1955 geborene Klägerin – streiten um die gesamtschuldnerische Mithaftung des Beklagten für die an die Klägerin für die Monate Oktober 1999 bis August 2000 zu zahlenden Gehälter. Der Beklagte, der den Arbeitsvertrag (Bl. 16) unterschrieben, ein Zeugnis (Bl. 18) ausgestellt und ein Kündigungsschreiben vom 15.08.2000 (Bl. 17) mitunterschrieben hat, hat die Auszahlung der Vergütung bis September 1999 sowie die Lohnabrechnungen für die folgenden Monate (Bl. 33 ff.) veranlaßt. Er verweigert eine weitere Zahlung mit der Begründung, die Klägerin, die die Ehefrau seines damaligen Mitgesellschafters ist, sei nur zum Schein beschäftigt worden; Hintergrund seien sozialversicherungsrechtliche Gründe gewesen. Arbeitsleistungen habe die Klägerin nie erbracht und nicht einmal über einen eigenen Arbeitsplatz verfügt. Die seit Oktober 1999 ausbleibende Auszahlung der Gehälter sei nie beanstandet worden; erst nach Trennung der Gesellschaft benutze sein früherer Mitgesellschafter die Klägerin als Waffe gegen ihn. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, nachdem gegen den ursprünglich mitverklagten Ehemann der Klägerin und Mitgesellschafter des Beklagten Anerkenntnisurteil ergangen war. Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
II. Die Berufung ist unbegründet. Die Gesellschaft, der der Beklagte angehört hat, haftete für die streitigen Vergütungsansprüche der Klägerin und damit in entsprechender Anwendung von § 128 HGB (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 714 Rn. 12) auch der Beklagte persönlich und unmittelbar. In der Begründung folgt das Gericht der angefochtenen Entscheidung, weshalb insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Gründe halten auch den Angriffen der Berufung stand:
Soweit der Beklagte Einwendungen gegen seine Haftung aus seiner Beziehung zur Gesellschaft oder zu seinem ehemaligen Mitgesellschafter zu haben glaubt, kann er sie der Klägerin nicht entgegensetzen. Er ist vielmehr auf die Einwendungen beschränkt, die auch die Gesellschaft erheben könnte (§ 129 Abs. 1 HGB analog). Diese aber kann Einwendungen nicht erheben:
Das gilt insbesondere für die Einwendung, die dem Beklagten offenbar vorschwebt: die Einwendung des Scheingeschäfts (§ 117 BGB). Das beruht schon auf Rechtsgründen: Ein Scheingeschäft liegt nämlich dann nicht vor, wenn der von den Parteien erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt (Palandt/ Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 117 Rn. 4). So ist es hier:
Nach Darstellung des Beklagten sollen sozialversicherungsrechtliche Gründe der Hintergrund für den Arbeitsvertrag gewesen sein. Ein wirksamer Versicherungsschutz war aber nur durch einen wirksamen Arbeitsvertrag zu erreichen.
Die Einwendung des Scheingeschäfts scheitert an einem weiteren Grund – nämlich an § 141 BGB. Die Arbeitsvertragsparteien haben nämlich die Gültigkeit des Arbeitsvertrags, auch wenn er nichtig gewesen sein sollte, immer wieder bestätigt: durch Zahlung der Löhne bis September 1999, durch permanente Erstellung der Lohnabrechnungen, durch Abführung der Abgaben, durch Erstellung von Zeugnis und Kündigung. Damit war die Gesellschaft selbst bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrags verpflichtet, der Klägerin zu gewähren, was ihr zustehen würde, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre (§ 141 Abs. 2 BGB).
Der Gesellschaft und damit dem Beklagten (§ 129 Abs. 1 HGB) steht auch nicht die Einrede des nicht-erfüllten Vertrages zu. Die Gesellschaft hat auf diese Einrede verzichtet – und zwar schon dadurch, daß sie die angeblich fehlenden Leistungen nicht eingefordert hat, spätestens aber dadurch, daß sie monatlich im nachhinein Lohnabrechnungen erstellt hat. Im übrigen sind im Arbeitsleben Arbeitsverhältnisse mit großzügiger Handhabung der Arbeitszeiten bis hin zur Freistellung gar nicht selten, so daß dieser im übrigen streitige Umstand vorliegend nicht die Indizwirkung hat, die der Beklagte ihm beimessen möcht...