Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung. Arbeitszeitkonto. Stundengutschrift. Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des in Schichtarbeit tätigen Arbeitnehmers. Fortführung des Arbeitszeitkontos
Leitsatz (amtlich)
War der Arbeitnehmer für die Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in einem Schichtplan zur Arbeit eingeteilt, dann ist ein Arbeitszeitkonto entsprechend den Einsätzen, die der Arbeitnehmer nach dem Schichtplan zu leisten gehabt hätte, fortzuführen.
Normenkette
EFZG §§ 3-4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 14.06.2012; Aktenzeichen 6 Ca 4885/11) |
Tenor
1
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.06.2012 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln- 6 Ca 4885/11 - wird zurückgewiesen.
2
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
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Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Arbeitsstunden gutzuschreiben.
Die Klägerin ist seit dem 01.02.1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Sachbearbeiterin/Ausbilderin zu einem monatlichen Gehalt von ca. 1.500,00 € im monatlich wechselnden Schichtdienst beschäftigt. Ihre Soll-Arbeitszeit beträgt 21 Stunden pro Woche bzw. 4,2 Stunden pro Arbeitstag. Die tatsächlich zu leistende monatliche Arbeitszeit (Planzeit) schwankt hingegen und wird im Betrieb der Beklagten durch einen Dienstplan festgesetzt. Die monatlichen Arbeitszeitsalden werden von der Beklagten auf einem individuellen Arbeitszeitkonto für die Klägerin fortlaufend erfasst und als Kontostand ausgewiesen.
Der durch individualvertragliche Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Manteltarifvertrag zwischen der Beklagten und ver.di vom 05.12.2007 (MTV) bestimmt unter § 3 (Arbeitszeit) Abs. 3:
"Die Betriebsparteien können für einzelne Bereiche oder Mitarbeitergruppen Vereinbarungen zur Saisonalisierung der wöchentlichen Arbeitszeit treffen. Auf ein Jahr bezogen muss sich bei diesen Regelungen im Durchschnitt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ergeben. Das monatliche Gehalt bleibt von diesen Regelungen unberührt." [...]
§ 10 (Arbeitsverhinderung durch Krankheit) Abs. 3 MTV lautet:
"In Krankheitsfällen und während eines ärztlich verordneten Heilverfahrens / Rehabilitationsmaßnahme ist das vertraglich vereinbarte feste Monatsgehalt bis zur Dauer von sechs Wochen fortzuzahlen."
Die zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat abgeschlossene "Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit" vom 01.06.2010 enthält unter Ziff. 2.3 (Regelungen zu Arbeitszeiten mit Dienstplänen) u. a. folgende Regelung:
"Der Dienstplan für den Folgemonat sollte bis 14 Tage, jedoch spätestens 7 Tage vor Monatsende erstellt werden." [...]
Ziff. 5.4 (Nicht-dienstliche Abwesenheitszeiten) regelt u. a.:
"Ganztägige und stundenweise Abwesenheiten infolge [...] Arbeitsunfähigkeit nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz [...] sind als Arbeitszeit entsprechend der jeweiligen Zeitdauer, maximal jedoch in Höhe der täglichen Soll-Arbeitszeit gemäß § 2 Nr. 1 dieser Betriebsvereinbarung anrechenbar. Mitarbeiter, die in Schichtmodellen arbeiten, erhalten eine Zeitgutschrift in Höhe der geplanten Arbeitszeit." [...]
Die Klägerin war insgesamt vom 04.11.2010 bis zum 25.01.2011 arbeitsunfähig.
Sie wurde durch ärztliches Attest, ausgestellt am 04.11.2010, zunächst für die Zeit vom 04.11.2010 bis zum 19.11.2010 für arbeitsunfähig erklärt. Der bereits am 17.10.2010 erstellte und freigegebene Dienstplan für November 2011 sah für die Klägerin für den Zeitraum vom 04.11.2010 bis zum 19.11.2010 eine Planzeit von 40,5 Arbeitsstunden vor, die die Beklagte der Klägerin später auch als Ist-Zeit gutschrieb. Mit Datum vom 18.11.2010 legte die Klägerin eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 18.11.2010 bis zum 25.01.2011 vor. Die für die restlichen Novembertage vorgesehenen 10 Planstunden schrieb die Beklagte der Klägerin ebenfalls als Ist-Zeit gut. Insgesamt betrug die Sollzeit der Klägerin für November 2010 88,2 Stunden, die Planzeit 74 Stunden und die von der Beklagten ausgewiesene Ist-Zeit 74,5 Stunden. Als GLZ-Saldo, der die Differenz von Soll- und Ist-Zeit beschreibt, wies die Beklagte für November 2010 minus 13,7 Stunden aus.
Der Dienstplan für Dezember 2010, den die Beklagte bereits am 14.11.2010 erstellt und freigegeben hatte, wies für die Klägerin eine Planzeit von 64 Stunden sowie eine Soll-Zeit von 96,2 Stunden aus. Die Beklagte schrieb der Klägerin als Ist-Zeit für Dezember 64 Stunden gut. Als GLZ-Saldo für Dezember 2010 wies die Beklagte minus 32,2 Stunden aus.
Die Erstellung und Freigabe des Dienstplans für Januar 2011 erfolgte am 20.12.2010. Die Klägerin wurde bis zum 25.01.2011 aus der Planung herausgenommen und erhielt bis dahin eine Planzeit von 0 Stunden. Ist- und Soll-Zeit bis zum 25.01.2011 wies die Beklagte mit jeweils 71,4 Stunden aus, was einem Arbeitsstundendurchschnitt von 4,2 Stunden am Tag entspricht.
Über den gesamten Zeitraum hinweg zahlte die Beklagte die normale Vergütung an die Klägerin.