Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Wegdrängens eines Mitarbeiters mit dem Pkw
Leitsatz (amtlich)
Abschließende Äußerung des Betriebsrats bei außerordentlicher, hilfsweiser ordentlicher Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Wegdrängen eines den Weg versperrenden Sicherheitsmitarbeiters durch Rollenlassen des PKW stellt sich aus Ausübung von Gewalt und damit als ein Grund für eine außerordentliche Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses dar.
2. Jedoch kann die Kündigung keinen Bestand haben, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unmittelbar nach dem Vorfall die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitraum von neun Monaten angeboten und damit gezeigt hat, dass sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar war.
Normenkette
BetrVG § 102; BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 19.11.2013; Aktenzeichen 11 Ca 2755/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.11.2013 - 11 Ca 2755/13 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens der Beklagten, die als außerordentliche, hilfsweise ordentliche am 19.03.2013 ausgesprochen wurde.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen dieses ihr am 19.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.01.2014 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Beklagte setzt sich unter teilweiser Wiederholung des erstinstanzlichen Sachverhalts mit ausführlichen Rechtsausführungen mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 190 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 271 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 11 Ca 2755/13 - vom 19.11.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 231 ff. d. A.) und den Schriftsatz vom 19.05.2014 (Bl. 287 f. d. A.) Bezug genommen.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auch die Videoaufzeichnung (Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 06.08.2013) Bezug genommen. Weitere tatbestandliche Feststellungen werden im Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen getroffen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hatte in der Sache keinen Erfolg.
A. Dies ergibt sich zwar noch nicht aus der Vorschrift des § 625 BGB. Dieser regelt, dass das Dienstverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt, wenn es nach dem Ablauf der Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Teils fortgesetzt wird, sofern nicht der andere Teil unverzüglich widerspricht.
I. Zwar spricht einiges dafür, dass das Dienstverhältnis nach Ablauf der Dienstzeit (wenn man diesen Ablauf mit dem Zugang der fristlosen Kündigung am 19.03.2013 gleichsetzt) fortgesetzt wurde. Denn die Beklagte duldete nicht nur die weitere Anwesenheit des Klägers in dem Betrieb und am Arbeitsplatz. Der Kläger hat auch durch Vorlage der Mail vom 20.03.2013, 14:07 Uhr (klägerische Anlage 8 - Bl. 241 d. A.) nachgewiesen, dass er Arbeit verrichtet hat. Da die Beklagte insbesondere seitens ihrer Personalverantwortlichen dem Kläger auch nicht untersagt hat, am Arbeitsplatz anwesend zu sein und zu arbeiten und auch nicht bestritten hat, dass dieses dem Personalverantwortlichen bekannt war, ist auch davon auszugehen, dass ein "Wissen des anderen Teils" vorlag.
II. Die Beklagte hat jedoch im Sinne des § 625 BGB unverzüglich widersprochen. Der Widerspruch ist zwar eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung (BAG 13.08.1987 - 2 AZR 122/87), er muss aber nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch konkludent erfolgen (BAG 03.12.1997 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 196).
Die Beklagte hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht, dass es einem Widerspruch gleichsteht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss eines nur befristeten weiteren Arbeitsvertrages anträgt (vgl. z. B. BAG 15.03.1960 AP AZO § 15 Nr. 9; 26.07.2000 AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 4; 23.01.2002 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 230). Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sonst deutlich macht, dass durch die Weiterbeschäftigung kein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet werden soll (BAG 14.08.2002 AP LPVG Brandenburg § 98 Nr. 1). Da es hier nicht um die Wirksamkeit des angetragenen befristeten Vertrages (oder sonstigen Vertrages) geht, sondern nur um die Wirkun...