Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilweise Anrechnung der Sozialversicherungsrente auf das betriebliche Ruhegeld
Leitsatz (amtlich)
Sehen Ruhegeldrichtlinien vor, dass das betriebliche Ruhegeld um die hälftige, dem Arbeitnehmer zustehende Sozialversicherungsrente vermindert werden soll, so ist bei einem Arbeitnehmer, der vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt, die Hälfte der tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsrente, nicht hingegen die Hälfte der fiktiven Sozialversicherungsrente, die der Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze erzielt hätte, von dem betrieblichen Ruhegeld abzuziehen.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen 6 Ca 3403/07) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.12.2007 – 6 Ca 3403/07 wird abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Anrechnung von Sozialversicherungsrenten zur Ermittlung der dem Kläger ab dem 01.05.2005 zu gewährenden Betriebsrentenleistungen auf 50 % der ihm tatsächlich gewährten Sozialversicherungsrente zu beschränken.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der Anrechnung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente des Klägers auf das von der Beklagten zu gewährende betriebliche Altersruhegeld.
Der am 10.04.1945 geborene Kläger war langjährig bei der Beklagten als Diplombetriebswirt beschäftigt.
Bei der Beklagten galt eine Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (55er-Regelung) vom 03.02.1999 (Blatt 10 ff. d. A.), die eine Frühpensionierung ab dem 55. Lebensjahr ermöglichte.
In Ziffer 7 dieser Betriebsvereinbarung war festgelegt, dass das betriebliche Ruhegeld im Anschluss an die 55er-Regelung sich nach den Richtlinien der Beklagten für die Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung regele.
Diese Richtlinien (Blatt 17 ff. d. A.) enthielten in § 6 unter der Überschrift „Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit” in Absatz 2 folgende Bestimmung:
„Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.”
In § 7 Absatz 2 der Ruhegeldrichtlinien hieß es unter der Überschrift „Minderung der gesetzlichen Renten”:
„Eine Kürzung der Sozialversicherungsrente des Mitarbeiters um Abschläge, die aufgrund vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand wegen der längeren Bezugsdauer der gesetzlichen Rente erfolgen, wird durch das Unternehmen nicht ausgeglichen und geht daher voll zu Lasten des Mitarbeiters.”
Auf der Basis dieser Regelungen schied der Kläger durch Vereinbarung vom 23.02.2000 (Blatt 7 ff. d. A.) im 55. Lebensjahr aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Seit dem 01.05.2005 erhält der Kläger die gesetzliche Altersrente aufgrund vorangegangener Arbeitslosigkeit (Bescheid der BfA vom 03.03.2005 in Höhe von insgesamt 1.218,88 EUR (Blatt 33 d. A.).
Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Rentenanspruch des Klägers bei Renteneintritt erst mit dem 65. Lebensjahr bei ansonsten unveränderten Bedingungen 1.486,44 EUR betragen hätte und aufgrund der gesetzlichen Renteninanspruchnahme ab dem 60. Lebensjahr um 18 % auf 1.218,88 EUR gekürzt worden ist.
Die Beklagte legt die Ruhegeldrichtlinien so aus, dass 50 % der Sozialversicherungsrente, die bei Renteneintritt zum 65. Lebensjahr erzielt worden wäre, also 50 % von 1.486,44 EUR auf das betriebliche Ruhegeld anzurechnen sei. Hingegen vertritt der Kläger die Auffassung, dass nur 50 % der tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsrente angerechnet werden könnten. Das Arbeitsgericht hat die entsprechende Klage des Klägers abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, dass die Interpretation des Klägers zu einer Bevorzugung gegenüber jenen Arbeitnehmern führe, die nicht in den vorgezogenen Ruhestand getreten seien, denn diese bekämen trotz kürzerer Bezugsdauer der Betriebsrente denselben Betrag wie der Kläger.
Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen.
Der Kläger bringt vor, § 7 Absatz 2 der Ruhegeldrichtlinien sei auf den vorliegenden Fall gar nicht anwendbar. Denn es gehe nicht um eine Kürzung der Sozialversicherungsrente aufgrund vorzeitiger Inanspruchnahme. Anwendbar sei hingegen allein § 6 der Ruhegeldrichtlinien. In § 6 Absatz 2 sei die Anrechnung einer hypothetischen Rente gar nicht vorgesehen. Aus § 6 Absatz 2 der Ruhegeldrichtlinien könne nur abgeleitet werden, dass die tatsächlich gezahlte Sozialversicherungsrente zu 50 % angerechnet werden müsse.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 13.12.2007 – 6 Ca 3403/07 – festzustellen, dass die Beklagte verpflicht...